Klopfzeichen aus Düsseldorf: Hintergründiges zum Fall Schavan

Der Düsseldorfer Dekan Bruno Bleckmann und sein Prodekan Stefan Rohrbacher, der Verfasser des Schavan-Gutachtens, haben sich zu ihrem prominenten Fall bislang öffentlich nicht geäußert. Nach den Sitzungen des Fakultätsrats vom 22. Januar und vom 5. Februar 2013 las Bleckmann nur eine vorbereitete Erklärung vor, [1, 2] „extrem nüchtern und ohne Emotion“. [3] Fragen waren nicht zugelassen. Der heftig angefeindete Gutachter rührte sich auch dann nicht, als man ihm wechselnd Unfähigkeit oder politische Interessen oder beides unterstellte. Die am Verfahren Beteiligten seien „bis zur Bedrohung reichenden, sehr privaten Nachstellungen und unflätigsten Beschimpfungen ausgesetzt“ gewesen, hieß es in einem Uni-internen Rundschreiben des Rektors. [4] Doch sie hielten still. Gerne hätte man in Düsseldorf aber wohl Fakten sprechen lassen. Das wiederholte „Angebot“ der Fakultät, die Unterlagen des Verfahrens öffentlich zu machen, [5] wurde von den Anwälten von Annette Schavan freilich abgelehnt. [6]

So konnte das öffentliche und halböffentliche Reden über das Schavan-Verfahren fortgesetzt werden, ohne dass man sich in seinen Mutmaßungen und Behauptungen allzu sehr durch Fakten stören lassen musste. Inzwischen liegt die Sache beim Verwaltungsgericht. Anders als die beklagte Universität sind die Verbündeten der Klägerin in Politik und Wissenschaft dadurch in ihren Aktionen nicht eingeengt. Sie haben keinen „Maulkorb“ zu tragen und außerdem reichlich Mittel und Wege. So können sie ganz ohne Umstände mal eben ein angebliches Forschungsvorhaben zu „Zitat und Paraphrase“ an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (BBAW) installieren. [7] Für die Bekanntgabe erster angeblicher Erkenntnisse aus diesen angeblichen Forschungen ist dann eine Tagung des Wissenschaftsrats gerade gut genug. Und dabei ergibt es sich – welch Zufall -, dass sich die Forscher veranlasst gesehen haben, gerade am Beispiel pädagogischer Doktorarbeiten der Zeit um 1980 aufzuzeigen, dass man Plagiate gar nicht aufzeigen kann. Weil nämlich Normen nur Mentalitätsfragen im Nebel der Geschichtlichkeit sind und ein Plagiat nichts anderes ist als eine Erzählung, die wir Texten unterlegen. Eine Unterstellung also. [8]

„Wissenschaft in der Verantwortung: Gute wissenschaftliche Praxis und Qualitätssicherung in der Promotion“ war die Tagung des Wissenschaftsrats vom 23. Juli betitelt. Die Düsseldorfer mochten sich ihren Teil denken: Darüber, dass diese Tagung von der FAZ-Redakteurin Heike Schmoll moderiert wurde, die in der Affäre Schavan durch einen besonders kampagnenhaften Journalismus aufgefallen war. [9, 10, 11] Darüber, dass die Tagung vom Wissenschaftsrat ausgerichtet wurde, der mit der Allianz der Wissenschaftsorganisationen unverhohlen versucht hatte, das Düsseldorfer Verfahren zu diskreditieren und auf die Entscheidung des Fakultätsrats Einfluss zu nehmen. [12] Darüber, dass die Tagung in der BBAW abgehalten wurde, in jenem Haus also, in dem „Zitat und Paraphrase“ bis zur Rehabilitationsreife der einstigen Ministerin niedergeforscht werden sollen. Darüber, dass die Teilnehmer von Georg Schütte begrüsst wurden, der als Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung ein enger Vertrauter von Annette Schavan war und ist. Darüber, dass und was Philipp Theisohn über die Nichtfeststellbarkeit von Plagiaten im Allgemeinen und im Besonderen fabulieren durfte. [8] Darüber, dass zu den eifrigsten Mitdiskutanten der Erziehungswissenschaftler Heinz-Elmar Tenorth gehörte, der in der Causa Schavan mehrfach öffentlich mit Entlastungsgutachten hervorgetreten war. [13, 14] Und schließlich darüber, dass aus Düsseldorf dagegen wohl niemand eingeladen worden war, um gemeinsam über gute wissenschaftliche Praxis und Qualitätssicherung in der Promotion nachzudenken.

Der „Bericht“ des Prodekans

Vielleicht war es ja diese Tagung, auf der Düsseldorfer Angelegenheiten ohne Düsseldorfer Anwesende verhandelt wurden, welche die Fakultät nun doch dazu bewogen hat, sich erstmals zu den Vorgängen um den Fall Schavan zu erklären. Diese Erklärung vom 15. August 2013 findet sich zwar an recht versteckter Stelle – auf der Internet-Seite der Fakultät mit Informationen für Promovierende [15] -, aber sie ist eben doch öffentlich. Und sie kommt zwar recht harmlos daher – als vom Dekan eingeforderter Bericht des Prodekans „zu den Fortschritten aktueller Plagiatsüberprüfungen“ -, aber sie hat es doch in sich. Die Promovierenden des eigenen Hauses sind wohl kaum die eigentlichen Adressaten. Die Erklärung des Prodekans nimmt vielmehr nur die Form des internen Berichts an, um auf diese Weise die Öffentlichkeit erreichen zu können. Der Name „Schavan“ wird nicht genannt, die mitgeteilten Informationen sind sozusagen in der Verallgemeinerung anonymisiert und geben dennoch wichtige Aufschlüsse über die prominente Causa und ihre Umstände. In der Bloggerszene ist diese Erklärung etwas verzögert wahrgenommen, dann aber aufmerksam registriert und rasch verbreitet worden. [16, 17, 18, 19] Die Qualitätsmedien haben von ihr bislang keine Notiz genommen.

Unter der Zwingburg: Die Düsseldorfer Gelehrten wurden von der gestrengen Wissenschaftsobrigkeit aufgeschrieben und geben ihrerseits eine Erklärung ab

1. Schavan – Ein Fall unter vielen

Was also ist es, das wir dieser Erklärung entnehmen sollen? Rohrbacher beginnt mit der Feststellung, dass der Düsseldorfer Promotionsausschuss seit Oktober 2011 „in ununterbrochener Folge mit der Aufarbeitung solcher Fälle“ beschäftigt ist. Der Fall Schavan – Anfang Mai 2012 der Universität bekannt geworden – war also nicht der erste seiner Art. Tatsächlich waren sogar „seit Mai 2012 fast durchgängig mehrere Fälle gleichzeitig zu bearbeiten“. Die öffentlichen Diskussionen nehmen nur die prominenten und politisch brisanten Fälle zur Kenntnis, doch die Realität sieht anders aus. Hier reiht sich der prominente Fall nur unter andere ein:

Gegenwärtig (August 2013) liegen beim Ausschuss drei Plagiatsverdachtsfälle in verschiedenen Stadien des Vorverfahrens. Die Gesamtzahl der bislang behandelten Fälle bewegt sich noch im einstelligen Bereich. [15]

Damit ist jedoch auch gesagt, dass grundsätzliche Verfahrensabläufe von der Fakultät nicht erst wegen des prominenten Falles erörtert und festgelegt wurden und dass die Hinweise auf die rechtsstaatlich gebotene Gleichbehandlung einen konkreten Hintergrund in einer laufenden Praxis haben.

2. Veranlassungen und Zuständigkeiten

Wenig Eindruck scheinen in Düsseldorf die aktuellen Empfehlungen von Hochschulrektorenkonferenz und Deutscher Forschungsgemeinschaft zur Einschaltung des Ombudssystems, der Universitätskommissionen für Qualitätssicherung und des Rektorats in Plagiatsverfahren hinterlassen zu haben. Der Promotionsausschuss der Fakultät werde

in jedem Verdachtsfall tätig, der der Fakultät zur Kenntnis gelangt. Dies ergibt sich aus dem bei der Fakultät liegenden Promotionsrecht und der daraus erwachsenden Verantwortung auch für eine nachsorgende Qualitätssicherung im Promotionswesen.
[…]
Die Verfahrensgestaltung richtet sich im Übrigen nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz und dem Hochschulgesetz des Landes sowie nach der Promotionsordnung der Philosophischen Fakultät. [15]

Damit stellt sich die Düsseldorfer Fakultät, die ohnehin schon heftigster Kritik wegen angeblicher Nichtbeachtung angeblich maßgeblicher Standards und Kriterien angeblicher guter wissenschaftlicher Praxis ausgesetzt war und dieser Kritik im laufenden Verfahren getrotzt hat, noch einmal offen gegen die neuerdings von starken Kräften angestrebte Veränderung der Verfahrensregeln und Verlagerung der Zuständigkeiten – nicht zuletzt, indem sie die vielbeschworenen „Empfehlungen zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis“ gar nicht erst erwähnt. Mehr noch, sie stellt sich auf den Standpunkt, dass sie eine Mitwirkung etwa der Ombudsleute oder der Universitätskommission für gute wissenschaftliche Praxis in einem solchen Verfahren nicht hinnehmen und deren Tätigkeit sogar ignorieren würde:

Die Notwendigkeit der eigenständigen Prüfung [durch Promotionsausschuss und Fakultätsrat] bliebe […] auch in dem […] Fall bestehen, dass einem Plagiatsverdacht zunächst an anderer Stelle in der Universität nachgegangen worden wäre: Auch in solchem Fall müssten sämtliche Vorermittlungen durch die Fakultät von neuem aufgenommen werden. [15]

Bisher allerdings ergab sich ein solcher Fall noch nicht. Wenn die Fakultät nun schon seit geraumer Zeit ohne Unterbrechung Plagiatsverdachtsfällen nachzugehen hat, verdankt sich dies jedenfalls nicht dem Funktionieren des Ombudssystems oder der Kommission zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis. Von dieser Seite nämlich „sind Hinweise bislang nicht erfolgt.“ Hinweise, die zur Einleitung von Vorverfahren führten, kamen dagegen aus der Fakultät selbst, aus anderen Universitäten oder auch von „Internet-Rechercheuren“. Oder sie verdankten sich der „Mitkenntnis der Diskussion von Befunden auf einer Internet-Plattform“, deren Aktivitäten offenbar interessiert verfolgt werden. Gegenüber anonymen Whistleblowern bestehen grundsätzlich wenig Berührungsängste:

Ausschlaggebend ist allein das Vorliegen substantiierter Hinweise, nicht die Herkunft dieser Hinweise. [15]

Bislang waren die Hinweise jedoch nur in einem Fall anonym – wir können vermuten: Im Fall Schavan.

3. Prozeduren von langer Dauer

Aufschlussreich sind auch die allgemeinen Hinweise zum Verfahrensablauf. Eine lange Verfahrensdauer ergibt sich nicht nur aus der besonderen Belastung, die diese Überprüfungen für die Ausschussmitglieder bedeuten, da

für diese Tätigkeiten im Promotionsausschuss regelmäßig keine besonderen personellen Kapazitäten zur Verfügung stehen und zu ihrer Erledigung eine Freistellung von regulären Dienstaufgaben nicht möglich ist. [15]

Eine lange Verfahrensdauer ergibt sich auch aus den Abläufen nach Recht und Gesetz: Allein für die Abgabe einer Stellungnahme muss der betroffenen Person eine Frist von in der Regel einem Monat zugestanden werden. Eine Stellungnahme darf aber erst eingeholt werden,

wenn die Sachstandsermittlung vollständig abgeschlossen und eine detaillierte Erörterung und Wertung durch die Ausschussmitglieder erfolgt ist. Würde dagegen die Sachstandsermittlung nach erfolgter Stellungnahme fortgesetzt, oder würden sich im weiteren Verlauf des Vorverfahrens zusätzliche belastend wirkende Gesichtspunkte oder Wertungen ergeben, so wäre der betroffenen Person hierzu erneut Gelegenheit zur Anhörung zu geben. [15]

Allein die „Sachstandsermittlung“, also die Phase bis zur Einholung einer Stellungnahme, nahm bislang in keinem der geführten Verfahren weniger als vier Monate in Anspruch. Auch in dieser Hinsicht scheint die Causa Schavan nicht aus dem Rahmen zu fallen, zumal Rohrbacher betont, dass

in jedem Fall eine eigenständige, in ihren Voraussetzungen und Methoden unabhängige Prüfung erfolgen muss, auf entsprechende  Materialaufbereitungen von dritter Seite (z.B. Internet-Plattformen) also für die Sachstandsermittlung nicht zurückgegriffen wird. [15]

4. Vertraulichkeit und sehr besondere Vorzeichen

Während des Verfahrens sei zur Wahrung der Persönlichkeitsrechte strikte Vertraulichkeit geboten. In Düsseldorf sei es „bislang regelmäßig“ gelungen, die Vertraulichkeit zu wahren, liest man mit Erstaunen. Immerhin hat der Bruch der Vertraulichkeit im Verfahren der Ministerin Schavan zum Skandal geführt, und der Prodekan wird sich wohl noch daran erinnern, dass es sein Gutachten war, das im Oktober 2012 vorab an die Medien durchgestochen wurde. Doch in der Causa Schavan war eben nichts „regelmäßig“: In diesem „Fall, der allerdings unter sehr besonderen Vorzeichen stand“, wurde

das Verfahren von Beginn an und während seiner gesamten Dauer von außerordentlich intensiven und erfindungsreichen Versuchen der Abschöpfung von Informationen wie auch der Einflussnahme begleitet […]. [15]

Dabei seien gerade in diesem Fall besondere Anstrengungen unternommen worden, die auch mit „erheblicher Mehrbelastung“ verbunden waren, um die Vertraulichkeit zu wahren. Bereits das Gutachten, das der Bonner Wissenschaftsrechtler Klaus Ferdinand Gärditz im Januar 2013 zum Verfahren der Fakultät vorgelegt hat, geht auf diese besonderen Bemühungen näher ein. [20] Selbst in der distanzierten Tonart der Erklärung des Prodekans klingt noch durch, dass die heftigen Vorwürfe, die von HU-Präsident Jan-Hendrik Olbertz und anderen in diesem Zusammenhang erhoben wurden, [21] die für das Verfahren verantwortliche Fakultätsleitung tief getroffen haben müssen.

Man darf sich den „Belagerungszustand“, den der Düsseldorfer Rektor in seinem internen Rundschreiben beklagte, [4] an dieser Stelle wohl noch einmal recht farbig ausmalen: Seit Anfang Mai 2012 bereits liefen demnach diese „intensiven und erfindungsreichen“ Bemühungen, an Vertrauliches zu kommen und auf das Verfahren einzuwirken, und sie liefen „während seiner gesamten Dauer“. Angesichts dieser Mitteilung ist es nicht ganz selbstverständlich, dass bis Oktober 2012 offenbar keinerlei Informationen aus der laufenden Prüfung nach außen drangen, und dass das Verfahren überhaupt zu einem geregelten Ende geführt werden konnte.

5. Gruß an den Wissenschaftsrat

Über die künftige Entwicklung gibt sich die Düsseldorfer Fakultät keinen Illusionen hin: Die Plagiatsverdachtsfälle werden nicht weniger werden. Was also tun? Am Schluss gibt Rohrbacher die nüchterne Distanziertheit seines „Berichts“ dann doch noch auf. Diesen Schluss sollte man freilich zweimal lesen:

Die Fakultät weiß sich der Maxime verpflichtet, unter die der Wissenschaftsrat jüngst seine Tagung zur Qualitätssicherung bei Promotionen gestellt hat: „Wissenschaft in der Verantwortung“. Getreu dieser Maxime kann die interne Handlungsanweisung nur lauten: „Augen auf und durch.“ [15]

Zwar ist keineswegs als gesichert anzunehmen, dass in der Führungsetage des Wissenschaftsrats oder auch bei sonstigen Spitzen des Wissenschaftsbetriebs im Allgemeinen sonderlich viel Sinn für Ironie und Sarkasmus herrscht. Dennoch muss man wohl nicht befürchten, dass diese vorgebliche Ergebenheitsadresse und das lammfromme Bekenntnis zu getreuer Befolgung der hehren „Maxime“, die der Wissenschaftsrat anlässlich seiner formidablen Tagung ausgegeben hat, nach all dem noch missverstanden werden könnten. Denn das unbeirrte Düsseldorfer „Augen-auf-und-durch“ ist ja in Wahrheit das genaue Gegenteil von dem, worauf der Wissenschaftsrat hinauswill.

In einem Kommentar im Blog Archivalia stellt sich auch Bernd Dammann die Frage, welche Absicht mit diesem angeblich internen „Bericht“ tatsächlich verfolgt wird. Er vermutet, dass es darum gehe, die Öffentlichkeit über den Stand des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht und über die Argumentationslinie der beklagten Universität in diesem Verfahren zu unterrichten.

Denn die Kernaussage dieses ‚Berichts‘ laute[t] in meiner Lesart, dass mit der Arbeit der Klägerin genau so umgegangen wurde wie in jedem anderen Fall auch (rechtsstaatlicher Grundsatz der Gleichbehandlung), was die Klägerin allerdings entschieden bestreitet. In Wirklichkeit scheint mir deswegen dieser ‚Bericht‘ Bestandteil einer von der zuständigen Kammer angeforderten Stellungnahme der Beklagten im Rahmen des anhängigen Verfahrens zu sein, in das wir auf diese Weise Einblick gewährt bekommen. [22]

Vielleicht ist das so. Wenn es so wäre, dann würde die unmittelbare Bezugnahme auf den Wissenschaftsrat und seine famose Tagung vielleicht noch einmal einen besonderen Sinn machen. Denn vielleicht wäre ja dann bereits die ganze Tagung mitsamt dem Forschungsvorhaben „Zitat und Paraphrase“ auch nicht viel anderes als eine Maßnahme zur Beschaffung von Stellungnahmen, die der zuständigen Kammer im Rahmen des anhängigen Verfahrens vorgelegt werden könnten. Gerne auch unangefordert.

6 Antworten zu “Klopfzeichen aus Düsseldorf: Hintergründiges zum Fall Schavan

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  4. Jetzt hat sogar auch schon der „SPIEGEL“ in der Print-Ausgabe den Rohrbacher-Bericht entdeckt. Nach wieviel Monaten? Glückwunsch an die Qualitätsmedien. Weil der Artikel nicht online ist, hier mal als Exklusivangebot ein paar Ausschnitte:

    Die angemessene Anrede ist wichtig im akademischen Betrieb, insbesondere in offiziellen Schreiben. „Spectabilität“, so adressiert der Düsseldorfer Prodekan Stefan Rohrbacher den Dekan. „Ihrer Aufforderung, einen Bericht über den Stand aktueller Fälle von Plagiatsverdacht bei Dissertationsschriften vorzulegen, komme ich gerne nach.“
    Seit 2011 habe sich der Promotionsausschuss ununterbrochen mit Plagiatsprüfungen befasst, schreibt dessen Vorsitzender Rohrbacher in seinem bislang unbeachteten Bericht vom vergangenen Sommer. Der Ausschuss werde „in jedem Verdachtsfall tätig“, das ergebe sich aus der Verantwortung für eine „nachsorgende Qualitätssicherung“. Bei „Vorliegen substantiierter Hinweise“ seien „sämtliche für kritisch erachtete Befunde“ zu prüfen, der Aufwand sei „stets sehr erheblich“. In zwei Fällen sei der Titel aberkannt worden. In einem habe die betroffene Person auf Rechtsmittel verzichtet, im anderen, dem „prominenten Fall“, werde die Entscheidung angefochten, die erstinstanzliche Entscheidung stehe noch aus.
    (…) Der Fall Schavan zeigt, zu welch großer Belastung sich Plagiatsprüfungen für die Universitäten auswachsen können. Die Gremien mussten eine mehr als 30 Jahre alte Arbeit beurteilen, unter scharfer Beobachtung von Politik, Wissenschaft und Medien, begleitet von, so Rohrbacher, „Versuchen der Abschöpfung von Informationen wie auch der Einflussnahme“.
    Gefolgsleute Schavans aus Politik und Wissenschaft hatten das Düsseldorfer Verfahren als unzulänglich und sogar parteiisch kritisiert. Die Universität hätte ein externes Fachgutachten einholen müssen, forderte etwa der CDU-Parteifreund Kurt Biedenkopf. Andere Kritiker bemängelten, dass die Universität zu harsch geurteilt habe; in den siebziger Jahren, als Schavan die Arbeit verfasst habe, hätten andere Maßstäbe für Zitate gegolten. Solche Kritik wird wohl wiederkehren, falls das Gericht Schavans Klage abweist.
    Die Universität fürchtete um ihre Reputation und ließ sich von einem PR-Profi beraten: Joachim Klewes, Senior Partner bei der Agentur Ketchum Pleon sowie Honorarprofessor an der Philosophischen Fakultät. Laut internen EMails schrieb er dem Düsseldorfer Rektor Michael Piper nach einem Zeitungsinterview: „Die Tonalität hätte aus kommunikativer Perspektive durchaus noch deutlich plakativer und selbstbewusster ausfallen können.“ Klewes warnte die Universitätsleitung zudem, „aus dem Sch.-Lager“ sei „mit heftigen Aktivitäten oberhalb und unterhalb der Gürtellinie zu rechnen“.

    Interessant sind die internen Mails. Da ist jetzt sicher noch mehr Internes aus der Uni erwartbar.

    • Die Zitate aus internem Email-Verkehr sind in der Tat pikant. Sie bestätigen den Eindruck, dass es damals in der Universität unterschiedliche Vorstellungen einer angemessenen PR-Strategie gegeben hat. Pikant aber vor allem deshalb, weil die zitierte Reaktion des PR-Beraters auf ein Interview des Rektors wohl keinen großen Verteiler hatte. Das klingt eher nach den innersten Zirkeln im Rektorat oder in der Pressestelle. Ein Leck auf dieser Ebene – das wäre schon ungewöhnlich interessant. Zumal der Tenor der Indiskretion ja die bisherige Haltung des Rektorats indirekt angreift.

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