Glückwunsch! Schavan übernimmt Adenauer-Stiftung

Ein stolzer Augenblick in der Geschichte der parteinahen Promotionsförderung steht bevor: Ihre Exzellenz Dr. h.c. Annette Schavan, Botschafterin der Bundesrepublik Deutschland beim Heiligen Stuhl, soll im Frühjahr 2018 die Leitung der Konrad-Adenauer-Stiftung übernehmen.Annette Schavan und Gerhard Wehle mit Doktorurkunde

Als Studentin war Schavan selbst Stipendiatin dieser Stiftung und förderte die eigene Promotion an der Universität Düsseldorf, indem sie systematisch aus den Werken anderer Autoren abschrieb. Die begehrte Urkunde überreichte feierlich ihr Doktorvater, Gerhard Wehle.

Das ist zwar keineswegs die Aufgabe eines Doktorvaters, doch der Promotionsfall Schavan war wohl insgesamt speziell gelagert. Er war so speziell, dass er inzwischen kein Promotionsfall mehr ist. Der Doktorgrad wurde 2013 wegen vorsätzlicher Täuschung durch die Universität aberkannt. Die Aberkennung wurde 2014 gerichtlich bestätigt. Angesichts der völligen Blamage vor Gericht und der vollständigen Aussichtslosigkeit einer Revision verzichtete Schavan auf weitere juristische Schritte. Diesen Verzicht begründete die überführte Plagiatorin mit der Erkenntnis, dass die Gerichte die Grundsätze der Wissenschaftsethik ignorierten.

Künftige Stipendiatinnen und Stipendiaten der Konrad-Adenauer-Stiftung, die wissen wollen, welchen wissenschaftsethischen Grundsätzen die stets vorbildhafte Annette Schavan in ihrer Doktorarbeit folgte, können dies detailliert in der Dokumentation schavanplag nachvollziehen. Oder im Volltext des Gerichtsurteils von 2014, Randnummern 79 bis 107. Und dann dürfen sie ganz besonders stolz darauf sein, dass ihre Promotion durch ein Stipendium gefördert wird: Von der Konrad-Adenauer-Stiftung unter Leitung von Annette Schavan.

 

25 Antworten zu “Glückwunsch! Schavan übernimmt Adenauer-Stiftung

  1. Pingback: Bei der heiligen Annette der Begabtenförderungswerke! | Erbloggtes

  2. Dr. Bernd Dammann

    „Echte Fründe stonn zesamme“ oder: Warum trägt die Parteistiftung der CDU den Namen Konrad Adenauers?

    Es wird behauptet, der „ewige“ Bundeskanzler der alten BRD, Konrad Adenauer (geb. 1876 – gest. 1967; Amtszeit: 1949 – 1963), habe bereits als Oberbürgermeister von Köln (Amtszeit: 1917-1933) den ihm auf Schritt und Tritt begegnenden ‚Kölschen Klüngel‘, Inbegriff für Filzokratie, Kungelei und Vetternwirtschaft, in die politische Handlungsmaxime „Wir kennen uns, wir helfen uns“ übersetzt und unter Hinweis auf das hohe C im Namen seiner Partei als christliches Prinzip politischen Entscheidungshandelns dann auch in der BRD der Nachkriegszeit hoffähig gemacht.

    Frau Dr.hc.mult Annette Schavan alsbald zur Vorsitzenden dieser Partei-Stiftung zu küren, macht also dieser Ausdeutung von politischer und wissenschaftsethischer Moral durch den Katholiken Adenauer alle Ehre. Etwas anderes zu erwarten, wäre also wohl eher weltfremde Traumtänzerei zu nennen.

    Immerhin hat dieser Vorgang, wenn er denn nun auch dem Gesetz der Serie gehorcht, etwas Tröstliches. Denn bisher waren die Vorsitzenden der Konrad Adenauer-Stiftung allesamt verdiente CDU-Politiker aus der zweiten oder gar dritten Reihe der Bundespartei, die mit der Übernahme des Stiftungsvorsitzes endgültig aufs Abstellgleis geschoben wurden, indem sie von der Parteiführung für ihren mehr oder weniger geräuschlosen Abgang aus der aktiven Politik mit diesem politisch wenig einflussreichen und von der Öffentlichkeit kaum beachteten ‚Pöstchen „belohnt“, manchmal auch nur abgespeist wurden

  3. Wo haben Sie denn dieses Bildchen ausgegraben? Der alte Wehle! Da werden Erinnerungen wach. Allerdings meine ich, dass die Szene für das Foto gestellt worden ist. Ich bin mir nämlich sicher, dass es eine solche Zeremonie damals an der Uni Düsseldorf gar nicht gegeben hat. Oder sollte etwa Mandy von der Graphik hier ihre Hände im Spiel haben?

  4. Man beachte die Körperhaltung der beiden Protagonisten auf dieser wunderbaren Fotografie. Man könnte beinahe meinen, hier habe die junge Dame soeben einem älteren Herren die hart erarbeitete Promotionsurkunde überreicht.

    Sagt (hier) ein Bild mehr als tausend (natürlich 100% plagiatfreie) Worte?

    • Fein beobachtet.
      Unter konservativ-katholischen Professoren an der Uni Düsseldorf galt sie wohl schon als große Nachwuchshoffnung. Zu deren Netzwerk, bekannt als „Neusser Mafia“, gehörte auch schon Rita Süßmuth, die später zur wichtigsten Wegbereiterin für Schavans politische Karriere geworden ist. Ihr Mann war Rektor der katholischen PH in Neuss, von der Wehle kam. Es wurde damals viel darüber getuschelt, wie schnell Schavan dann promoviert war.

      [In offiziellen Angaben über die wissenschaftliche Laufbahn der Erziehungswissenschaftlerin Rita Süssmuth findet sich nichts über eine Tätigkeit in Düsseldorf. -red.]

      • Ich erinnere mich sogar noch ganz konkret an ein Seminar bei Rita Süßmuth. Vielleicht hatte sie in Düsseldorf keine Stelle als Professorin, aber sie hat regelmäßig gelehrt. Ich erinnere mich auch deshalb so gut, weil sie als Frau mit neuen Ideen und frischem Auftreten im damaligen Uni-Milieu sehr auffiel. Unter den Studenten war sie ziemlich beliebt und wurde von manchen sogar regelrecht verehrt.
        Dabei fällt mir auf, dass meine Beschreibung der Neuss-Connection als Netzwerk konservativ-katholischer Professoren so nicht stimmt. Süßmuth galt damals noch als anti-Establishment.

  5. Dr. Bernd Dammann

    Irrungen und Wirrungen im Fall Schavan

    Die organisatorischen Entwicklungen und strukturellen Veränderungen des tertiären Bildungssektors im Bereich der Lehrer ausbildenden Einrichtungen in den Bundesländern der alten BRD in den 1960er und 1970er Jahren stellen sich aus heutiger Sicht als ausgesprochen kompliziert und verwirrend dar (Kulturföderalismus):

    http://www.rp-online.de/nrw/staedte/neuss/vor-40-jahren-paedagogische-hochschule-im-neubau-aid-1.319194

    Deswegen ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass sich unser Zeitzeuge Flitz Piepe hier höchstwahrscheinlich irrt. Er verwechselt etwas, wenn er einerseits zunächst davon ausging, dass Rita Süssmuth als Lehrbeauftragte an der Universität Düsseldorf tätig war und in dieser Zeit einem „Netzwerk konservativ-katholischer Professoren der katholischen PH in Neuss, „bekannt als ‚Neusser Mafia‘, von der Wehle (der Doktorvater Schavans) bereits 1974 nach Düsseldorf kam, zuzurechnen gewesen sei, andererseits dann aber sich selbst korrigierend, und zwar eingedenk des Umstands, dass er die angebliche Düsseldorfer Hochschullehrerin Rita Süssmuth als „Anti-Establishment“ erlebt zu haben glaubt, schreibt: „Dabei fällt mir auf, dass meine Beschreibung der Neuss-Connection als Netzwerk konservativ-katholischer Professoren so nicht stimmt.“

    Um diese herzerfrischenden, aber offenbar doch in sich nicht ganz stimmigen Erinnerungen von Flitz Piepe, einem an sich recht aufmerksamen Zeitzeugen, der hier als teilnehmender Beobachter jener hochschulpolitischen und akademischen Zeitläufte auftritt und spricht, auf das mit großer Wahrscheinlichkeit sachlich zutreffendere Gleis zu setzen, muss man wohl zuerst und vor allem auf den Ehemann von Rita Süssmuth zu sprechen kommen, um etwas Licht in diese von gewissen Ungereimtheiten bestimmte Sachlage der Existenz einer „Neusser Mafia“ an der Uni Düsseldorf zu bringen:

    Über Frau Prof. Dr. Rita Süssmuth wissen wir: „1964 heiratete sie ihren Jugendfreund, den Referendar Hans Süssmuth.“ Er wird es wohl mit großer Wahrscheinlichkeit gewesen sein, den Flitz Piepe hier in einen bestimmten und durchaus nachvollziehbaren Deutungszusammenhang des Beziehungsverhältnisses der PH Neuss und der Philosophischen Fakultät der Universität Düsseldorf bringen wollte. Denn über den Ehemann von Rita Süssmuth erfahren wir:

    Hans Süssmuth (Jg. 1935) „nahm 1969 einen Ruf an die Pädagogische Hochschule Rheinland, Abteilung Neuss, auf den Lehrstuhl für Neueste Geschichte und Didaktik der Geschichte an.
    1970 bis 1972 war er Mitglied des Senats der Pädagogischen Hochschule Rheinland und 1972 bis 1974 Dekan der Pädagogischen Hochschule Rheinland, Abteilung Neuss. Von 1974 bis 1976 war er Rektor der Pädagogischen Hochschule Rheinland mit den Abteilungen Aachen, Bonn, Köln, Neuss und Wuppertal. 1978 wurde er erneut zum Dekan der Pädagogischen Hochschule Rheinland, Abteilung Neuss, gewählt, mit dem Auftrag, die Zusammenführung mit der Universität Düsseldorf durchzuführen.

    1980 übernahm Hans Süssmuth am Institut für Geschichtswissenschaften der Universität Düsseldorf den Lehrstuhl VII für Neueste Geschichte und Didaktik der Geschichte. …1984 wurde er zum Dekan der Philosophischen Fakultät der Universität Düsseldorf gewählt.“ (zit. aus: Wikipedia-Eintrag Hans Süssmuth)

    Für passionierte Spurenleser ist es nach aufmerksamer Lektüre dieser Zeilen nicht unbedingt verboten, sich im Anschluss an die launigen Bemerkungen von Flitz Piepe weitere Gedanken darüber zu machen, aus welchem Umfeld und/oder Dunstkreis dieses Foto, das die ‚Junge Unionistin‘ Annette Schavan mit ihrem katholischen Doktorvater Wehle zeigt, wohl kommen könnte.

  6. Nach so langer Zeit bin ich mir natürlich nicht mehr in allen Einzelheiten völlig sicher, aber an der PH Neuss bin ich nie gewesen. Das Seminar mit Frau Süßmuth war an der Uni Düsseldorf, wo sie während meinem Studium regelmäßig ein- und ausgegangen ist.
    Das Studium der Erziehungswissenschaft war in verschiedene Fachgebiete geteilt. Ich habe vor allem in Schulpädagogik belegt, wo man weniger mit Herrn Wehle als mit Herrn Heldmann zu tun hatte. Das Theorie-Seminar (Mittelseminar, sowas gab es damals!) bei Frau Süßmuth fiel da etwas aus dem Rahmen. Ich habe es vermutlich auch aus Neugier belegt, denn die gute Frau war immer von ein paar Studentinnen umschwärmt. Wenn sie irgendwo erschien, war das unüberhörbar. Die Universität war damals ja auch noch vollständig von Männern dominiert, muss man bedenken. Herr Wehle war als Ordinarius noch ganz vom alten Schlag. Sein Steckenpferd war der Pädagoge Kerschensteiner, der in seinen Vorlesungen rauf- und runtergebetet wurde. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich Annette Schavan für beide besonders interessiert hat.

  7. Dr. Bernd Dammann

    Kleine Rückfrage an Flitz Piepe – zum besseren Verständnis der akademischen und bisher womöglich erfolgreich verheimlichten „wahren“ Vorgeschichte des Plagiatsfalles Schavan in der Philosophischen Fakultät der HHU Düsseldorf

    Die autobiographischen Hinweise zu Ihren eigenen Beobachtungen und Erfahrungen mit Frau Süssmuth als Dozentin während Ihres Studiums der Erziehungswissenschaft an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf lassen sich mit den auch von ihr selbst gemachten Angaben über deren wissenschaftlichen Werdegang in den 1960er und 1970er Jahren an verschiedenen Abteilungen Pädagogischer Hochschulen in NRW und an den Universitäten Bochum und Dortmund (siehe Homepage Rita Süssmuth: http://www.rita-suessmuth.de/biografie/), wie sie im Übrigen auch in dem diesbezüglichen Eintrag bei Wikipedia nachzulesen sind, nicht nachvollziehbar in Einklang bringen.

    Nun muss das nicht unbedingt an Ihnen liegen, sondern könnte auch Ausdruck dessen sein, dass daran interessierte Personen und Kreise seit Bekanntwerden der Plagiatsaffäre Schavan unbedingt etwas unter der Decke halten und vertuschen wollten und auch weiterhin wollen. Wenn das Ihre Auffassung sein sollte, die sie der Öffentlichkeit auf diesem Wege „durch die Blume gesprochen“ mitzuteilen gedenken, stehen Sie allerdings in einer noch nicht vollständig eingelösten Bringschuld, und zwar über das hinaus, was Sie bis jetzt bereits verraten haben, indem Sie schreiben:

    „Das Seminar mit Frau Süßmuth war an der Uni Düsseldorf, wo sie während meines Studiums regelmäßig ein- und ausgegangen ist. ….. Ich habe vor allem in Schulpädagogik belegt, wo man weniger mit Herrn Wehle als mit Herrn Heldmann zu tun hatte. Das Theorie-Seminar (Mittelseminar, sowas gab es damals!) bei Frau Süßmuth fiel da etwas aus dem Rahmen. Ich habe es vermutlich auch aus Neugier belegt, denn die gute Frau war immer von ein paar Studentinnen umschwärmt. Wenn sie irgendwo erschien, war das unüberhörbar. Die Universität war damals ja auch noch vollständig von Männern dominiert, muss man bedenken. Herr Wehle war als Ordinarius noch ganz vom alten Schlag. Sein Steckenpferd war der Pädagoge Kerschensteiner, der in seinen Vorlesungen rauf- und runtergebetet wurde. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich Annette Schavan für beide besonders interessiert hat.“

    Es brächte also für uns alle einen entscheidenden Erkenntniszugewinn, wenn Sie uns – eingedenk Ihrer Feststellung, Frau Süßmuth sei „an der Universität Düsseldorf während Ihres Studiums (der Schulpädagogik) regelmäßig ein- und ausgegangen“, den Gefallen täten, vielleicht einmal einen selbstkritischen und rückversichernden Blick in Ihr sicher noch vorhandenes Studienbuch zu werfen. Dann könnten Sie uns vielleicht auf diesem Blog mitteilen, in welchen Jahren (von …. bis ….) Sie an der HHU Düsseldorf ‚Erziehungswissenschaft‘ studiert haben und zu welchem Thema in welchem Jahr (SS oder WS 197?) das von der Dozentin Rita Süssmuth angebotene und von Ihnen besuchte ‚Mittelseminar‘ stattgefunden hat.
    Ich habe nämlich den Eindruck, Sie wollen uns durch die Blume eine so steile These als wahr verklickern, dass mir bei diesem Gedanken der Atem stockt und meine Hände anfangen zu zittern.

  8. Du liebe Güte. Mein Studienbuch habe ich schon lange entsorgt.

    • Dr. Bernd Dammann

      @ Flitz Piepe: Schade, sehr Schade! Bleibt die mir ebenso sehr am Herzen liegende Frage nach dem Beginn (197?) und Ende (19??) Ihrer Studienzeit an der HHU Düsseldorf. Haben Sie die Erinnerung an einen solchen biographisch prägenden Lebensabschnitt auch schon entsorgt?

  9. Ich habe zwar keine Erziehungswiss. studiert, kann aber vielleicht mit einem alten Düsseldorfer Vorlesungsverzeichnis von 1976 aushelfen. Rita Süssmuth taucht da tatsächlich mit einem Proseminar auf (Probleme der Familienerziehung.)

    • Dr. Bernd Dammann

      @ U.Seiffert: Wunderbarer und schon äußerst hilfreicher Fund, der als ein erster kleiner Teilschritt, aber gleichwohl schon sehr wichtiger Baustein dazu geeignet ist, die ebenso subjektiv wie auch sehr persönlich eingefärbt scheinenden Erinnerungen unserer Zeitzeugin (?!) Flitz Piepe zu validieren, d.h. erfahrungswissenschaftlich nachvollziehbar zu machen und dadurch glaubwürdiger werden zu lassen.

      Optimal wäre also letztendlich eine mehr oder weniger vollständige zeitliche und thematische Auflistung aller Lehrveranstaltungsangebote von Frau Prof. Dr. Rita Süssmuth, die sie als Lehrbeauftragte an der HHU Düsseldorf möglicherweise in dem Zeitraum von 1974 bis 1981 in den dafür heranzuziehenden Vorlesungsverzeichnissen angekündigt hat.

      – Ja und warum? Es muss doch Gründe dafür geben, dass Frau Süssmuth es inzwischen vorzieht, ihre Tätigkeit im Fach Erziehungswissenschaft an der HHU Düsseldorf in diesem Zeitraum, in dem Frau Schavan ihr Studium in Düsseldorf aufnimmt und dann auch abschließt, im Nachhinein lieber ungeschehen werden zu lassen. Dass das allerdings nicht so einfach geht, weil auch sie dort Spuren hinterlassen hat, die nicht einfach so getilgt werden können, zeigt uns bereits der dankenswerte Hinweis von U.Seiffert!

  10. Was wäre denn die steile These, Herr Dammann, die Sie so in Erregung versetzen würde? Meine Phantasie reicht wohl noch nicht aus.

    • Dr. Bernd Dammann

      @ Erbloggtes
      Aus den anschaulich formulierten Erinnerungen der Zeitzeugin ‚Flitz Piepe‘, in denen sie hellwach die Konstellationen des Studiums der Erziehungswissenschaft an der HHU Düsseldorf, und zwar für sich ebenso wie für ihre Kommilitonin Annette Schavan, beschreibt, lässt sich eine erkenntnisleitende Hauptthese zur Aufhellung der akademischen Vorgeschichte des spektakulären Plagiatsfall Schavan formulieren. Diese gilt es dann forschungspraktisch abzuarbeiten, um sie Schritt für Schritt zu verifizieren oder zu falsifizieren. Inhaltlich ergibt sie sich aus der von Flitz Piepe klar und deutlich zum Ausdruck gebrachten ‚Botschaft‘., die ich ebenso spannend wie aufregend finde. Um sie hermeneutisch entschlüsseln zu können, bedarf es allerdings neben ein wenig Phantasie vor allem einer gewissen Portion hochschulsoziologisch unterfütterten Erfahrungswissens.

  11. Die Vorlesungsverzeichnisse sind hier komplett online: http://digital.ub.uni-duesseldorf.de/
    In der Suchmaske „Vorlesungsverzeichnis“ eingeben, und dann viel Spaß bei der Suche nach der Nadel im Heuhaufen.

  12. Das ist ja konkreter Service, nicht bloß Andeutungen, vielen Dank! Vom Wintersemester 1972/73 bis zum Sommersemester 1977 je ein Kurs von Rita Süssmuth, während diese ordentliche Professorin an der PH Ruhr und an der Uni Dortmund war (aber laut Wikipedia in der Zeit nicht Mitglied der CDU, erst 1979 ZdK-Mitglied).

  13. Dr. Bernd Dammann

    Sozialer und politischer Aufstieg durch akademische Bildung – der tiefe Fall der Annette Schavan. Teil 1: die bildungspolitische Vorgeschichte

    Unter dem die Öffentlichkeit in höchstem Maße alarmierenden Eindruck des Sputnikschocks (1957) und dessen Folgewirkungen in Politik und Wirtschaft entbrannte in der BRD bald darauf eine heftige, zuerst und vor allem bildungsökonomisch geführte Debatte über die nicht mehr den quantitativen und qualitativen Anforderungen der Zeit entsprechende Leistungsfähigkeit des bundesdeutschen allgemeinbildenden Schul- und Hochschulwesens. Der vor allem von Bildungsökonomen prognostizierte, zukünftig dramatisch steigende Bedarf an hochqualifizierten Arbeitskräften im Beschäftigungssystem führte bis Mitte der 1960er Jahre schnell und parteiübergreifend zu der Einsicht, dass die dafür erforderlichen qualitativen und quantitativen Voraussetzungen im tradierten sekundären und tertiären Ausbildungssektor des deutschen Bildungssystems (Schule/Hochschule) in dem nun unbedingt für erforderlich gehaltenen Ausmaß überhaupt noch nicht vorhanden waren.

    Um bisher schmählich ungenutzt gebliebene Bildungsreserven in den heranwachsenden schulpflichtigen Alterskohorten zu aktivieren und auszuschöpfen, hielt man entsprechende bildungs- und hochschulpolitische Maßnahmen für dringend erforderlich. Auch die Gründung des die Bundesländer übergreifenden Planungsgremiums ‚Wissenschaftsrat‘ auf Bundesebene im Jahre 1957 war den damit zusammenhängenden Erfordernissen einer koordinierenden Hochschul- und Wissenschafts-planung auf Bundesebene geschuldet.

    Eine entscheidende Voraussetzung für die inhaltliche Verbesserung der Ausbildungsleistungen war aber, und das sagte einem schon der gesunde Menschenverstand, eine nach Quantität und Qualität grundlegend zu verändernde Lehrerausbildung, die für die Erreichung dieses Zieles als conditio sine qua non angesehen werden musste. Mit durchschnittlichen Übergangsquoten von 3 bis höchstens 5 Prozent eines jeden Geburtsjahrgangs auf weiterführende Schulen, bei den Mädchen waren sie noch dramatisch geringer, war den sich zuerst und vor allem volkswirtschaftlich stellenden Qualifizierungsanforderungen nicht beizukommen. Auch Klassenstärken von 40 bis 50 Schülern in den Eingangsklassen von Realschulen und Gymnasien, die in den 1950er Jahren noch die Regel waren, wurden endlich, und gemessen an den sich jetzt verändernden bildungspolitischen Zielvorgaben, als absolut kontraproduktiv erkannt und deswegen als schnellstmöglich veränderungsbedürftig eingestuft.

    Flankiert und beschleunigt wurde dieser Politikwechsel in den im Bundestag vertretenen Volksparteien durch die Bestsellercharakter erreichenden Veröffentlichungen des Philosophen und Theologen Georg Picht, der das Menetekel einer westdeutschen „Bildungskatastrophe“ (1964) an die Wand malte, und des Soziologen Ralf Dahrendorf, der unter Hinweis auf das Grundgesetz der BRD lautstark und mit großer öffentlicher Resonanz proklamierte: „Bildung ist Bürgerrecht“ (1965).

    Unter solchen Vorzeichen und in diesem Bezugsrahmen wird es nachvollziehbar, unter welchem Handlungsdruck die darauf ausgerichteten und kurzfristig zum Erfolg verdammten Problembewältigungsstrategien der politischen Parteien spätestens seit Mitte der 1960er Jahre standen. Sie zielten unter diesen Voraussetzungen zunächst vor allem darauf ab, die Aufnahmekapazität und den Output der Einrichtungen im Hochschulsystem deutlich zu erhöhen, denen die Lehrerausbildung für den Volksschul-, Realschul- und Gymnasialbereich oblag.

    In NRW, in dem in den frühen 1960er Jahren, d.h. genauer gesagt bis Ende 1966, die Landesregierung von der CDU geführt wurde (Kultusminister war der katholische Kirchenrechtler Prof. Dr. Paul Mikat), beschritt man dazu den Weg, der Not gehorchend, an bereits bestehenden Hochschul-einrichtungen neue Ausbildungskapazitäten für die Lehrerausbildung zu schaffen (RWTH Aachen und Universität Düsseldorf), nachdem sich mit der Universitätsneugründung Bochum Anfang der 1960er Jahre gezeigt hatte, wie beschwerlich, langwierig und zugleich kostspielig reine Neugründungen auf der grünen Wiese waren.

    Auf diesem in die gleiche Richtung führenden Entwicklungspfad der Vergrößerung und Qualitätsverbesserung der Lehrerausbildungs-kapazitäten nahmen dann im Herbst 1965 in Bochum, zeitgleich aber auch an der RWTH Aachen und mit einer vergleichsweise nur geringen zeitlichen Verzögerung auch in Düsseldorf die dort neu errichteten Philosophischen Fakultäten ihren Lehr- und Studienbetrieb für Lehramtsstudenten der Studienrichtung Realschule und Gymnasium auf. Mit der erzkonservativ-reaktionären Professorenschaft in den Philosophischen Fakultäten der Universitäten Bonn, Köln und Münster, die sich die Verteidigung des Bildungsprivilegs akademischer Bildung für das gehobene Bildungs-bürgertum auf die Fahnen geschrieben hatten, war eine solche Bildungs- und Hochschulpolitik als Reformträgern nicht zu verwirklichen.

    Der liberal-konservative Kultusminister Mikat war für unkonventionelle Strategien im Umgang mit solchen bildungspolitischen Herausforderungen bekannt. Seine ‚Mikätzchen‘, mit denen er vorübergehend den eklatanten Mangel an Grundschulleher(inne)n überbrückte, sind sprichwörtlich geworden. Zusammen mit dem Münsteraner Soziologie-Professor Helmut Schelsky verfasste und veröffentlichte er in 1965/66 eine Denkschrift „Grundzüge einer neuen Universität: Zur Planung einer Hochschulgründung in Ostwestfalen“, die sich – im Unterschied zu dem noch der Universitätsgründung Bochum zugrundeliegenden Konzept – gründlich von den neuhumanistischen Vorstellungen über Bildung und Wissenschaft, die aus dem Bildungsbürgertum des 19. Jahrhunderts stammten und in den Philosophischen Fakultäten der Ordinarienuniversitäten weiterhin gepflegt wurden, verabschiedete.

    Vor diesem Hintergrund und in diesem Bezugsrahmen wurde seit Anfang der 1960er Jahre für eine zukunftsfähig auszubauende Lehrerausbildung in NRW, zuerst und vor allem auch von der CDU, händeringend junges und Veränderungen aufgeschlossen gegenüberstehendes, aber zugleich unbedingt auch wissenschaftlich qualifiziertes Personal für die Lehrerausbildung gesucht, das zudem möglichst auch über berufspraktische Erfahrungen im Schulunterricht verfügen sollte. Dieser spezifischen Konstellation in den bildungs- und hochschulpolitisch bewegten 1960er Jahren verdankten sowohl Gerhard Wehle, der Doktorvater von Annette Schavan, wie auch das Ehepaar Rita und Hans Süssmuth ihre je spezifischen und erfolgreichen akademischen Hochschulkarrieren an verschiedenen Hochschulorten in NRW. – Teil 2 folgt.

  14. Dr. Bernd Dammann

    Sozialer und politischer Aufstieg durch akademische Bildung – der tiefe Fall der Annette Schavan. Teil 2: ein nach wissenschaftlicher Herkunft und akademischer Karriere enges fachliches Netzwerk

    Zur Erinnerung: die Leserin Flitz Piepe hatte sich im Blick auf die jüngste Entwicklung in der Causa Schavan und das dazu gepostete Foto in ihren kommentierenden Beiträgen zu einigen Sachverhaltsfeststellungen hinreißen lassen, die rückblickend ein äußerst grelles Licht auf das bisher kaum beachtete Feld der Entstehung und Entwicklung des Promotions- und Plagiatsfalles Schavan in der Philosophischen Fakultät der HHU Düsseldorf werfen.

    Ich halte unter diesen Vorzeichen ihre Einlassungen im Rahmen einer Gesamtbetrachtung dieses Falles, und zwar insbesondere für dessen Einschätzung und Würdigung für so schwerwiegend und folgenreich, dass ich diese Sachverhaltsfeststellungen zunächst als provokante Tatsachenbehauptungen einstufte, die es allerdings unbedingt wert zu sein scheinen, sie forschungsstrategisch umformuliert zugleich als erkenntnisleitende Hypothesen einer wirklichkeitsnahen empirisch-analytischen Untersuchung und Überprüfung zu unterziehen, um deren Wahrheitsgehalt und damit die Angemessenheit und Tragfähigkeit der von Flitz Piepe eingeführten Argumentationsweise ermessen zu können.

    Zu diesem Zweck galt und gilt auch für die weiteren Ausführungen, was die Blog-Redaktion dazu eingangs erläuternd formulierte:
    „der Promotionsfall Schavan war wohl insgesamt speziell gelagert. Er war so speziell, dass er inzwischen kein Promotionsfall mehr ist.“

    Ich möchte dazu ergänzend hinzufügen, dass der Fall Schavan, und zwar ausdrücklich jenseits der um sich greifenden nostalgischen Reminiszenzen, in denen sich selbst zitierende Veteranen der Plagiatsjägerei aus schon vergangenen Zeiten inzwischen schwelgen, endlich ein zu historisierender Gegenstand intensiver und enthüllender wissenschaftssoziologischer Recherche werden sollte.

    Vorauszuschicken sind die Eckdaten aus der Gründungszeit der HHU Düsseldorf, die den Lehrbetrieb und die Studienbedingungen auch im Studienfach Erziehungswissenschaft der Philosophischen Fakultät der Uni Düsseldorf seit ihrer Gründung zunächst maßgeblich bestimmten:
    1965: Die NRW-Landesregierung beschließt am 16. November 1965 auf der Grundlage einschlägiger Empfehlungen des Wissenschaftsrats die Umwandlung der Medizinischen Akademie in „Universität Düsseldorf“.
    1965/66: Erstmals werden Studienanfänger/innen der Medizin aufgenommen; bisher war ein Studium der Medizin und Zahnmedizin nur vom 3. Semester an möglich.
    1966: Die Universität Düsseldorf konstituiert sich mit einer Medizinischen und einer kombinierten Naturwissenschaftlich-Philosophischen Fakultät. – Festakt zur Begründung der Universität.
    1969: Die kombinierte Naturwissenschaftlich-Philosophische Fakultät wird in zwei selbstständige Fakultäten aufgeteilt: eine Mathematisch-Naturwissenschaftliche und eine Philosophische Fakultät.

    Zusammenfassend lässt sich dazu außerdem feststellen: „Die Fakultät wurde 1969 unter maßgeblichem Einfluss des Philosophie-Professors und späteren Rektors Alwin Diemer aus der Naturwissenschaftlich-Philosophischen Fakultät gelöst und verselbständigt. Gründungsdekan war der Romanist Ludwig Schrader. 1980 wurde die Fakultät durch die Angliederung der Abteilung Neuss der Pädagogischen Hochschule Rheinland („PH Neuss“) institutionell wie personell erheblich erweitert.“

    Bemerkenswert ist nun, dass der Auf- und Ausbau des für die Lehramtsstudiengänge zentralen Faches ‚Pädagogik/ Erziehungswissenschaft‘ in Düsseldorf nach allem, was wir dazu wissen, in engem Zusammenwirken mit dem dazu fachlich korrespondierenden Lehrstuhlinhaber im Seminar für Philosophie und Pädagogik der Pädagogischen Hochschule Rheinland – Abteilung Neuss erfolgte. Und das war der dort seit 1961 tätige Prof. Dr. Gerhard Wehle.

    Betrachtet man dazu den wissenschaftlichen Werdegang Wehles näher, so stoßen wir auf eine ebenso überraschende wie auch höchst aufschlussreiche Konstellation, in der Wehles akademische Herkunft wie auch sein offensichtlich großer Einfluss auf die Herausbildung und Profilierung schon in den Anfängen des Faches Erziehungswissenschaft an der Universität Düsseldorf deutlich ins Auge springt. Indem wir klären, wo Wehle seine erziehungswissenschaftliche Ausbildung hauptsächlich durchlaufen hat und von wem er promoviert worden ist. ergeben sich völlig unerwartete Zusammenhänge aus dem Umstand, dass Wehle Schüler und im Anschluss an seine Promotion zeitweise auch Assistent des Göttinger Pädagogik-Professors Erich Weniger (1894 – 1961) gewesen ist:
    „1945 initiierte Weniger die Gründung der Pädagogischen Hochschule Göttingen; 1949 folgte er Nohl als ordentlicher Professor für Pädagogik an der Universität Göttingen.“
    „Zu Wenigers Schülern zählten u. a. die Erziehungswissenschaftler Herwig Blankertz, Wolfgang Klafki, Wolfgang Kramp, Theodor Schulze und Klaus Mollenhauer.“ (Wikipedia-Eintrag)

    (1) Gerhard Wehle (1924 – )
    „Ab 1950 studierte er Pädagogik, Philologie, Psychologie und Geschichte an der Georg-August-Universität Göttingen.“ 1952 legte er die zweite Staatsprüfung für das Lehramt an Volksschulen ab. „Im Jahr 1955 wurde er bei Erich Weniger in Göttingen zum Dr. phil. promoviert. Im Anschluss wurde er Assistent am Pädagogischen Seminar.“ 1957 – 1961 war er Dozent an der PH Braunschweig, 1961 o.Prof. an der PH Neuss. 1974 wurde er o. Prof. an der Uni Düsseldorf. (Wikipedia-Eintrag: Gerhard Wehle)

    (2) Herwig Blankertz (1927 – 1983)
    „Nachdem er auf dem zweiten Bildungsweg das Abitur erlangt hatte, studierte Blankertz Philosophie, Pädagogik und Geschichte an der Universität Göttingen, wo er 1958 bei Erich Weniger zum Dr. phil. promovierte; in Göttingen lernte er bereits damals als Kommilitonen Wolfgang Klafki, Theodor Schulze, Wolfgang Kramp und Klaus Mollenhauer kennen.“ Zuvor hatte er 1955 die Staatsprüfung für Gewerbelehrer abgelegt.1959 – 1963 war er als Dozent für Berufspädagogik tätig. 1962 erfolgte die Habilitation an der Wirtschaftshochschule in Mannheim: daran an schlossen sich Tätigkeiten als Professor an der PH Oldenburg, danach an der FU Berlin. 1969 wurde er als Nachfolger auf dem Pädagogik-Lehrstuhl von Ernst Lichtenstein (1900-1971) ordentlicher Professor an der Uni Münster. (aus: Wikipedia-Eintrag)

    (3) Wolfgang Klafki (1927 – 2016)
    Ab 1946 absolvierte er eine Volksschullehrerausbildung an der PH Hannover und legte 1948 sein erstes Lehrerexamen ab. Von 1948 bis 1952 war er als Volksschullehrer tätig (2. Lehrerexamen); ab 1952 erfolgte ein Aufbaustudium in Göttingen; promoviert wurde er bei Erich Weniger 1957: „Seine epochale Dissertation Das pädagogische Problem des Elementaren und die Theorie der kategorialen Bildung (unter Weniger) im Jahr 1957 brachte Klafki schnell Beachtung aus der Fachwelt; … Nachdem er bereits zum Sommersemester 1956 eine Assistentenstelle an der Pädagogischen Hochschule Hannover bei Gustav Heckmann angetreten hatte, wurde er dort 1960 zum „außerplanmäßigen Dozenten“ ernannt. (aus: Wikiprdia-Eintrag)

    (4) Wolfgang Kramp (1927 – )
    Nach dem Studium an der PH legte Kramp die erste und zweite Lehramtsprüfung ab und war als Volksschullehrer tätig; er promovierte 1958 an der Uni Göttingen bei Erich Weniger; nach der Promotion wurde er Assistent an der PH Oldenburg und an der Uni Frankfurt a.M., dann Professor an der PH Berlin bis 1969; 1969 nahm er einen Ruf auf das erste Ordinariat für Erziehungswissenschaft der Universität
    Düsseldorf an, „wo er sich seit dem 1. Oktober 1969 zunächst vor allem dem Aufbau des Erziehungswissenschaftlichen Instituts widmete. In der Zeit vom 1. Oktober 1971 bis 30. September 1972 war er Dekan seiner Fakultät.“ (aus: Jahrbuch der HHU)

    (5) Klaus Mollenhauer (1928 – 1978)
    Mollenhauer „gilt als einer der grundlegenden Theoretiker der Kritischen Erziehungswissenschaft und übte großen Einfluss auf die Sozialpädagogik aus.“ Von 1948 bis 1950 besuchte er die PH Göttingen, von 1950 bis 1952 war er als Volksschullehrer tätig. „Ab 1952 studierte er zunächst Pädagogik, Psychologie und Geschichte in Hamburg, dann Pädagogik, Geschichte, Psychologie, Literaturwissenschaft und Soziologie in Göttingen, wo Herwig Blankertz, Theodor Schulze, Wolfgang Kramp und Wolfgang Klafki zu seinen Kommilitonen zählten.“ Mollenhauer promovierte 1958 bei Erich Weniger in Göttingen. (aus: Wikipedia-Eintrag)

    Dieses personelle Beziehungsgefüge enthüllt uns im Blick auf die Geschichte der Erziehungswissenschaft in der alten BRD eine einmalig erscheinende Konstellation und zudem ein damals besonders typisches akademisches Karrieremuster der dann seit Mitte der 1960er und in den 1970er Jahren in der ‚Champions-League‘ der Erziehungswissenschaft spielenden Pädagogik-Professoren in der BRD. Dies geschah im Kontext nicht nur des Selbstverständniswandels der Pädagogik als eine sich bis dahin geistes- und ideengeschichtlich verstehende Disziplin zu einer empirisch-analytisch verfahrenden Sozialwissenschaft in den 1960er Jahren (‚sociological turn‘) sondern auch ihres Theorie-Praxis-Verständnisses als eine den Elfenbeinturm nunmehr verlassende und sodann in bildungspolitisch angestoßene und bildungsreformerisch auf den Weg gebrachte Entwicklungen in Schule und Hochschule maßgeblich intervenierende Kraft.

    Wehle und Kramp zählten zum engsten Kreis der sich untereinander sehr gut kennenden Schüler Erich Wenigers, die insbesondere mit Blankertz, Klafki und Mollenhauer die erziehungswissenschaftliche Debatte und bildungspolitische Auseinandersetzung um Richtung und Inhalte der Schulreform in den 1960er und 1970er Jahren entscheidend beeinflussten. Dass Kramp 1969 auf den ersten pädagogischen Lehrstuhl der Philosophischen Fakultät der HHU Düsseldorf berufen wurde, in der Wehle bereits beratend und als Lehrbeauftragter tätig war, und sich im Übrigen dann dasselbe später auch vice versa noch einmal wiederholte, kann da eigentlich niemanden mehr überraschen. – Teil 3 folgt.

  15. Meine unmaßgeblichen Erinnerungen an die Zeit mit Annette

    Neuss war in unserer Schulzeit nicht so vollkommen verstaubt-katholisch, wie es oft dargestellt wird. An der PH gab es damals sogar regelrechte Studentenproteste mit einer echten Rathaus-Besetzung. Und auch am Nelly Sachs-Gymnasium kam es zum Aufstand. Auf dem Schulhof wurde gegen die neue Schulsprecherin demonstriert, die weniger gewählt als von der Schulleitung installiert war. Da wurden Plakate geklebt und Handzettel verteilt. Diese Schulsprecherin hieß Annette Schavan. Die Ablehnung ihrer Mitschülerinnen hat ihren großen Stolz auf das „hohe Amt“ nicht verkleinert.

    Damals war es in vielen Familien noch selbstverständlich, dass man am Sonntag geschlossen zur Messe ging. Wie Familie Schavan, die in einem Häuschen hinter dem Bahndamm wohnte, besuchten auch wir die Messe in der Dreikönigenkirche. Im Abiturientenalter war die Begeisterung dafür natürlich nicht sehr groß. Die Langeweile war dafür um so größer. Wenigstens gab es zwei Dinge, mit denen man sich ablenken konnte. Die große Besonderheit von „Dreikönigen“ waren die modernen farbigen Glasfenster, und im Fronleichnamsfenster konnten wir bei entsprechendem Lichteinfall mit etwas bösem Willen das Staatswappen der DDR erkennen. Das entschädigte für manche Predigt. Oder man konnte sich an dem […] Outfit freuen, in dem die […] Schulsprecherin immer erschien. […]

    Es war uns völlig klar, dass sie eine große Karriere vor sich hatte. Sie war einfach darauf programmiert. O-Ton Annette, nachdem sie ihren Doktortitel geholt hatte, zu uns noch nicht Promovierten: „Diesen intellektuellen Vorsprung holt Ihr nicht mehr ein.“ Da waren wir dann doch „platt“.

    [Kommentar geringfügig gekürzt. -red.]

  16. Dr. Bernd Dammann

    Annette Schavan – die frühen Jahre

    Es wird ja in dem Maße immer spannender, wie hier nunmehr Schritt für Schritt und Stein auf Stein, kollektiv wie (auto)biographisch, Annette Schavans Kindheits- und Jugendgeschichte in Neuss in wichtigen Details aufgedröselt und einer interessierten Öffentlichkeit mitgeteilt wird. Allein das macht dem Anspruch und dem Alleinstellungsmerkmal dieses Blogs schon alle Ehre. Um „unmaßgebliche Erinnerungen an die Zeit mit Annette“ handelt es sich dabei also überhaupt nicht. Ganz im Gegenteil!
    Wichtige Hinweise, die inzwischen schon wieder in Vergessenheit zu geraten drohen, finden sich bereits hier –

    taz.am Wochenende vom 12. 11. 2011 : http://www.taz.de/!219457/

    und außerdem:
    http://www.zeit.de/2013/06/Bildungsministerin-Annette-Schavan-Plagiatsvorwuerfe-Doktorarbeit

    Jedes Mal, wenn uns unsere Korrespondentin Hanni Hüsch aus London in den abendlichen Fernsehnachrichten live zugeschaltet wird, fühlen wir uns in „Ehrfurcht und/oder Schrecken“ an die ‚Schulmädchen-Geschichten“ der Annette Schavan in Neuss erinnert.

    Und die mittelbar enge lokale wie lebensgeschichtliche Verbundenheit mit ihrer wissenschaftlichen Lehrerin und parteipolitischen Förderin Rita Süssmuth in Neuss ergibt sich rückblickend auch aus der Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte des Neusser Mädchengymnasiums Nelly Sachs, an dessen Jubiläumsfeier in Neuss Frau Schavan Ende Mai 2017, aus welchen Gründen auch immer, nicht teilnahm:
    http://www.rp-online.de/nrw/staedte/neuss/nelly-feiert-60-mit-familie-suessmuth-aid-1.6854829

  17. Unmaßgebliche Erinnerungen an die Zeit mit Annette II

    Herr Dr. Dammann hat mir mit seiner Replik auch darum eine Freude gemacht, weil er den Bericht zur 60. Jubiläumsfeier des „Nelly“ verlinkt hat und mir so zu einem unerwarteten „Wiedersehen“ mit meiner Schulleiterin Frau Henßen verholfen hat. Ich war ehrlich gesagt recht gerührt. Sie muss ja mittlerweile fast 100 sein.

    Das „Nelly“ war eigentlich eine ziemlich tolle Schule, Zwar damals noch reines Mädchengymnasium, aber schon das progressive Gegenstück zum „Marienberg“, das von Nonnen im Habit geführt wurde. Da ging’s noch anders zu! Wieso Annette eigentlich nicht aufs „Marienberg“ ging, haben wir uns damals oft gefragt. Ihre Eltern waren allerdings ganz normale Leute, nicht bigott, und das „Nelly“ lag für sie viel näher. Zurechtgekommen ist sie da ja auch. Es war phänomenal, wie sie die Lehrer (meistens Lehrerinnen) für sich einnehmen konnte, die gute Frau Henßen eingeschlossen. Sie [zeigte sich stets beflissen, was das Lehrpersonal sehr zu schätzen wusste.]

  18. Anette Schavan war in Neuß schon als Studentin [eine bekannte Persönlichkeit, die sich der Förderung durch einflußreiche Größen der Stadtpolitik erfreute]. Aufstieg zur Chefin der JU, 1979 dann als jüngste Kandidatin aller Zeiten die Wahl als Stadträtin knapp verpasst, aber zwei Jahre später für den OB Karrenberg nachgerückt, der […] plötzlich gestorben war.
    [Doch im Leben gestaltet sich nicht immer alles ausnahmslos erfreulich.] Bei der nächsten Wahl war sie schon nicht mehr dabei.

    [Bitte verzichten Sie doch auf allzu persönlich gezielte Spitzen sowie auf Mitteilungen über das persönliche Umfeld, die nichts zur Sache tun. Danke, -red.]

  19. Es kommen hier jetzt noch die letzten paar Sumpfkröten aus Ihren Löchern, um iHass und Häme gegen Frau Schavan zu verbreiten. Inzwischen geht wohl sogar den Blog-Machern der A**** auf Grundeis, weshalb hier das Ärgste wohl schon weggekürzt wird. Ist ja auch unschön, wenn man ggf. eine Klage am Hals hat.

    [Ihre Sorge ist ja rührend, aber Grundeis ist hier eigentlich eher weniger das Problem. Nur noch mal zur Auffrischung sei hier ein thematisch verwandter Alt-Beitrag unserer littauisch verschollenen Kollegin Simone G. in Erinnerung gerufen. -red.]

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