Beziehungskiste, oder: Was der Blogger Klaus Graf in Sachen Schavan unterlassen soll

Erstaunliches und sehr unerfreuliches widerfährt dem altgedient verdienstvollen Blogger Klaus Graf. Wir verdanken ihm eine Unzahl interessanter, bedenkenswerter und oft wunderbarer Hinweise und Anstöße auf seinem Blog Archivalia. Er verdankt uns jetzt leider ziemlichen Ärger. Das tut uns furchtbar leid. Aber eigentlich können wir gar nichts dafür. Denn eigentlich verdankt er den Ärger Leuten, die nur so tun, als hätten wir etwas getan. Leider macht das den Ärger für Klaus Graf nicht weniger real.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung ist es, die den Ärger macht. Das Justitiariat dieses ehrenwerten Organs hat Klaus Graf per Einschreiben zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert: Da er in einem seiner Berichte zur Causa Schavan

die Formulierung „Schavan-Freundin Schmoll“ verwendet habe und einen Hyperlink auf https://causaschavan.wordpress.com gesetzt hätte, wo u.a. die Vorwürfe erhoben würden, Schmoll sei die Lebensgefährtin von Schavan [1]

solle er

künftig bei einer Vertragsstrafe von 5001 EUR die Veröffentlichung unterlassen „dass Frau Dr. Heike Schmoll die Freundin und/oder die Lebensgefährtin von Frau Annette Schavan sei“. [1]

Nun wundert sich Klaus Graf. Und wir wundern uns auch. Denn die Behauptung, dass auf Causa Schavan der „Vorwurf“ erhoben würde, dass Frau Schavan die Lebensgefährtin von Frau Schmoll sei, ist aus der Luft gegriffen. Nirgendwo haben wir derartiges behauptet. Tatsächlich wurden auch Leserkommentare, die mehr oder weniger deutlich auf solche persönlichen Verhältnisse anspielten, von uns nicht zur Veröffentlichung freigegeben. Nicht etwa deshalb, weil wir solche Behauptungen oder Andeutungen für unwahr halten. Sondern deshalb, weil dergleichen weder uns noch sonst jemanden in der „Öffentlichkeit“ einen feuchten Staub angeht.

Inzwischen hat Michael Schmalenstroer als den wahrscheinlich gemeinten Urheber solcher „Vorwürfe“ den Betreiber des Blogs Plagiatschavan ausgemacht. Was er zu diesem Blog anzumerken hat, trifft recht genau unseren Eindruck. Um es deutlich zu sagen: Wir haben mit Plagiatschavan nichts zu tun und wollen mit Plagiatschavan auch bitte nicht verwechselt werden. Wenn wir das richtig sehen, hat Klaus Graf jedoch nirgendwo einen Hyperlink auf Plagiatschavan gesetzt. Und auf Causa Schavan wurden von dem User „plagiatschavan“ nur zwei Kommentare veröffentlicht, in denen Frau Schmoll lediglich in unverfänglicher Weise als „Freundin“ der Frau Schavan angesprochen wird. Ein weiterer Kommentar dieses Users, der in dieser Hinsicht weniger unverfänglich erschien, wurde von uns nicht freigegeben und gelöscht.

Den Hinweis, den Michael Schmalenstroer auf eine frühere Diskussion über den Tonfall in unseren Kommentarspalten gibt, wollen wir nicht unter den Tisch fallen lassen. Wir waren uns damals nicht ganz einig, aber auch nicht völlig auseinander.

Klaus Graf hat den Vorwurf, dass Causa Schavan einen solchen „Vorwurf“ erhoben habe, nicht überprüft. Das muss er auch nicht. Denn er selbst hat ja jedenfalls einen solchen „Vorwurf“ in keiner Weise erhoben oder sich irgendwie zu eigen gemacht, sondern

lediglich die Lektüre empfohlen, da causaschavan besser unterrichte als die Journaille. Auch waren mir bis heute die Gerüchte, Schavan sei lesbisch, unbekannt. Die Deutung „Freundin“ beziehe sich auf eine sexuelle Beziehung, ist offenkundig völlig fernliegend, da die naheliegende Deutung im Sinne von „politische Freundin“, „persönliche Freundin ohne sexuellen Hintergrund“,“Spezi“, „Kumpel“ absolut naheliegt. Was Frau Schavan in ihrer Freizeit und in ihrem Liebesleben macht, interessiert mich nicht. Ich habe keine Tatsachenbehauptung und schon gar keine üble Nachrede getätigt, als ich Schmoll-Freundin schrieb. Aufgrund der auffälligen Verteidigung von Schavan durch Schmoll war die Wertung, dass Schmoll eine freundschaftliche Beziehung (im Sinne von: Journalisten pflegen Freundschaften zu Politikern) zu Schavan unterhielte, naheliegend. Ich habe nie behauptet, dass Schmoll die Lebensgefährtin von Schavan sei und werde dies auch nicht tun, zumal dies in Abrede gestellt wird. Aber die Formulierung Schmoll-Freundin lasse ich mir nicht verbieten, da sie ganz harmlos a) gemeint war und b) von jedem billig und aufrecht Denkenden zu verstehen ist! [1]

Besser kann man es kaum auf den Punkt bringen.

Falls das Justitiariat der FAZ übrigens die Behauptung einer anders gearteten Freundschaft oder einer Lebenspartnerschaft zwischen Schmoll und Schavan tatsächlich als „Vorwurf“ bezeichnet haben sollte, ließe das allerdings sehr unerfreulich tief in die Auffassungen einblicken, die im Umfeld der FAZ von „richtigen“, tadellosen und „falschen“, vorwerfbaren Lebensentwürfen und Orientierungen vertreten werden. Überdies kann sich das Justitiariat der FAZ nun rühmen, dafür gesorgt zu haben, dass die Eventualität einer solchen Freundschaft oder Lebenspartnerschaft auf gleich zwei Blogs thematisiert wird, die dafür ansonsten keinerlei Raum geboten hätten. Nicht Klaus Graf hat die Sache in die Welt gesetzt, und auch nicht Causa Schavan, sondern das Justitiariat der FAZ, indem es einen Blogger mit einer an den Haaren herbeigezogenen Behauptung in Bedrängnis bringen will.

Immerhin aber ist diese Konstruktion des Justitiariats der FAZ in etwa so schlecht recherchiert und so umstandslos daherbehauptet, dass man angesichts gewisser Qualitätspresseberichte und -kommentare der letzten Monate in Sachen Schavan zumindest keinen Stilbruch zu beklagen hat.

7 Antworten zu “Beziehungskiste, oder: Was der Blogger Klaus Graf in Sachen Schavan unterlassen soll

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  2. Pingback: Abmahnung wegen Schavan-Freundin?!

  3. Ich bin schon der Meinung, daß die sexuelle Orientierung der Politiker ein wichtiges Thema ist. Die Frage ist, wie weit es ausgewalzt wird.
    Um die Politik von Horst Seehofer und seine Glaubwürdigkeit in Richtung Familie und Gleichstellung Homosexueller einschätzen zu können, ist es wichtig, zu wissen, das er eine Freundin mit unehelichem Kind hat. Die Presse berichtet darüber zu Recht. Feuchter Staub sind die Gründe, warum er das macht. Die Tatsache an sich ist das entscheidende.
    Das gilt auch für Frau Schavan. Wenn sie tatsächlich lesbisch sein sollte und eine Lebensgefährtin haben sollte, ist das eine wichtige Information. Weitere Einzelheiten sind aber nicht wichtig.
    Deshalb wäre ich manchmal dankbar, wenn die Presse über die Tatsachen und die Verlogenheit mancher Politiker, die sich daraus ergibt, schreiben würde. In diesem Fall hat die Öffentlichkeit ein Recht auf die Tatsacheninformation. Davon unterscheide ich deutlich die Neugierinformation.

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