Hausbesuch bei Max Planck: Von Präsident Gruss und von sonstigen Grüssen

Das Prinzregententheater in München ist der deutschen Kunst geweiht: So verkündet es eine Inschrift in goldenen Lettern vom Giebel herab jedem, der hier Einlass begehrt. Auch die deutsche Wissenschaft ist eine Kunst. Als die vornehmste Verkörperung dieser speziellen deutschen Kunst versteht sich seit jeher die Max-Planck-Gesellschaft, deren Präsident Peter Gruss zwölf Jahre lang gewesen ist. Neulich noch war die Würde der deutschen Wissenschaft arg bedroht gewesen. Das Plagiatsverfahren, das die Universität Düsseldorf gegen die Wissenschaftsministerin Annette Schavan betrieben hatte, war der deutschen Wissenschaft nicht würdig: Zu dieser öffentlichen Äußerung hatte sich Präsident Gruss veranlasst gesehen, und zu gewissen nichtöffentlichen Äußerungen gegenüber der Universität dann auch. Leider vergeblich.

Richtig Sitzen

Am 5. Juni 2014 aber kann die ins Theater geströmte deutsche Wissenschaft unbesorgt sein: Nur Würdige treten hier ein und nehmen Platz im prachtvollen Saal. Es sind an die 1.200 Würdige, die sich in München versammelt haben. Denn an diesem Tag wird im Prinzregententheater der Herrscherwechsel auf die Bühne gebracht, und das ist eine sehr erhebende Vorstellung. In der ersten Reihe haben die Würdigsten unter den Würdigen Platz gefunden: Da sehen wir Peter Strohschneider neben Jürgen Mlynek, sodann den sehr rüstig wirkenden Reimar Lüst mit seiner Gattin, bei der es sich, nebenbei bemerkt, um die frühere stellvertretende ZEIT-Chefredakteurin Nina Grunenberg handelt. Daneben die unvermeidliche Staatssekretärin Cornelia Quennet-Thielen aus dem Bundesministerium für Bildung und Forschung. Soweit ist alles in bester Sitzordnung: Lauter Führungskräfte des Schavanismus sind hier zusammengekommen. Der Würde der deutschen Wissenschaft droht an diesem 5. Juni 2014 keinerlei Gefahr.

Die Ministerin selbst ist nicht anwesend.

Neben Quennet-Thielen sitzt Kanzleramtsminister Peter Altmaier. Neben ihm der noch amtierende MPG-Regent Gruss mit seiner Gattin, letztere in rotem Gewand und in alle Richtungen strahlend, trotz der etwas bedrängend wirkenden Leibesfülle ihres ministeriellen Sitznachbarn. Dann der Thronfolger, Martin Stratmann, und seine Ehefrau. Neben dieser, in der Mitte dieser ersten Reihe, sehen wir Horst Seehofer, Ministerpräsident des Freistaats Bayern. Seine Nachbarin zur Linken ist Ilse Aigner, die stellvertretende Ministerpräsidentin.

Und neben Ilse Aigner sitzt sie dann doch, da vorne in der Mitte der ersten Reihe: Die Bundesministerin für Bildung und Forschung. Diese Ministerin heißt Annette Schavan. Sie sitzt da in der vielfarbig leuchtenden Jacke, die sie sich in schwerer Zeit zugelegt hat und die sie seither bei solchen Gelegenheiten gerne trägt. Damit bloß keiner denkt, dass sie sich versteckt oder irgendwie übersehen werden könnte. Und während der bayerische Ministerpräsident gewissermaßen als Hausherr auch seine Stellvertreterin mitgebracht hat, ist es verständlich, dass Schavan ihre Stellvertreterin Johanna Wanka in Berlin gelassen hat.

Neben Schavan erkennen wir Hans F. Zacher, den greisen Vorvorgänger des jetzt scheidenden MPG-Präsidenten. Wahrhaftig, Annette Schavan hat in dieser erlauchten Gesellschaft den Platz eingenommen, der ihr gebührt. Und gleich zu Beginn wird sie durch Gruss besonders begrüßt und vom gesamten Saal besonders beklatscht. Es ist ein Moment der besonderen Genugtuung für die Ministerin.

Wir schreiben den 5. Juni 2014. Nicht 2012. Annette Schavan musste ihr Ministeramt mehr als ein Jahr zuvor aufgeben, weil ihr die Universität Düsseldorf den Doktorgrad wegen systematischer und vorsätzlicher Täuschung entzogen hatte. Und inzwischen hat das Gericht die Entscheidung der Universität bestätigt und der ehemaligen Ministerin arglistige Täuschung bescheinigt. Die Ministerin jedoch hat nichts davon jemals anerkannt. Sie musste zurücktreten, doch sie hat ihren Rücktritt bis heute nicht akzeptiert. Und nicht nur das eigene politische Lager, sondern auch die Spitzen des Wissenschaftsbetriebs folgen ihr in dieser Verweigerung, unbeirrbar und demonstrativ.

Um diese kollektive Verweigerung zu verstehen, kann es hilfreich sein, sich die Entwicklung der Etats der Wissenschaftsorganisationen unter der Ministerin Schavan vor Augen zu führen. Und die Initiativen, die von dieser Ministerin zur Steuerung des Wissenschaftsbetriebs ergriffen wurden. Und die Initiativen, die sie niemals ergriffen hat. All das kann helfen, um den ganz besonderen Nützlichkeitswert zu ermessen, durch den sich diese Ministerin ausgezeichnet hat. Es kann helfen, sich daran zu erinnern, dass gegen Ende der Amtszeit von Schavans Vorgängerin Edelgard Bulmahn (SPD) noch darüber gestritten wurde, ob die mit öffentlichen Geldern finanzierten Institute der Max-Planck-Gesellschaft nicht besser den Hochschulen anzugliedern seien, weil nur so deren internationale Konkurrenzfähigkeit ermöglicht werden könne. Dass im Juni 2005 jedoch von Bund und Ländern der Pakt für Forschung und Innovation beschlossen wurde, der den außeruniversitären Forschungseinrichtungen zehn Jahre lang steigende Etats beschert hat. Nicht erinnern muss man sich bei dieser Gelegenheit daran, dass dieser Pakt noch in der Amtszeit von Bulmahn unter Dach und Fach gebracht wurde, denn umgesetzt wurde er in den folgenden langen Jahren von der Ministerin Schavan, die in Wahrheit hier ebenso wenig innovativ war wie sonst zumeist auch.

Am Ende der Amtszeit dieser Ministerin flossen 36,1% ihres beständig gewachsenen Etats allein in die institutionelle Förderung der außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Hinzu kam eine gleichfalls sehr beträchtliche und ebenso lax kontrollierte Projektförderung. Dieser stetig weiter steigende Mittelzufluss machte es beispielsweise möglich, dass die Zahl der Beschäftigten an diesen Einrichtungen von 2010 bis 2011, also innerhalb eines Jahres, um stolze 6,1% stieg. In der zu 90% aus Bundesmitteln finanzierten Helmholtz-Gemeinschaft durften sich damals sogar Tierpfleger an allmonatlichen Leistungszulagen erfreuen, obwohl das Tierhaus, das sie einst zu versorgen hatten, inzwischen längst geschlossen war.

Exzellenz hat seinen Preis

Es kann auch helfen, sich im Hause Max Planck umzusehen. Die royalen Verhältnisse, die bei Gelegenheit des Thronwechsels im Prinzregententheater zur Schau gestellt wurden, unterscheiden sich doch wohl deutlich von den Bedingungen, unter denen der gemeine Wissenschaftler andernorts sein Arbeitsleben fristen darf. In der Max-Planck-Gesellschaft der Ära Gruss, die über die längste Zeit hinweg zugleich auch die Ära Schavan gewesen ist, wurde nicht gedarbt. Vor allem nicht in den oberen Etagen. Man betrieb hier seine ganz eigene Elitenförderung.

Förderlich war bereits das Gehalt, das dem Präsidenten Peter Gruss gewährt wurde. Wie der SPIEGEL in seiner Printausgabe vom 11. August 2014 feststellt, war es

mit allen Amtszulagen fast so hoch wie das Grundgehalt eines Bundesministers: rund 14 000 Euro im Monat.

Die Max-Planck-Gesellschaft hält dem entgegen, dass ihr Präsident immerhin für einen „zuschussfinanzierten Haushalt zuzüglich Drittmittel in Höhe von 1,9 Milliarden Euro“ und für 16.998 Mitarbeiter verantwortlich zeichne. Der Intendant eines öffentlich-rechtlichen Senders mit sehr viel bescheidenerem Verantwortungsbereich werde da deutlich üppiger entlohnt. [1] Die MPG hätte auch darauf verweisen können, dass ihre Führungskräfte auch vom Ausland umworben werden: Korea, China, Indien, Brasilien, demnächst wohl auch die Golfstaaten schielten

begehrlich auf den ein oder anderen Max-Planck-Direktor. Und das mit Gehaltsangeboten, wie wir sie eher aus Vorstandsetagen kennen! [2]

So hatte es Peter Gruss selbst auf der Jahresversammlung am 6. Juni 2o13 in Potsdam geschildert. Und für den Präsidenten all dieser Direktoren galt das natürlich erst recht. So mündete seine Ansprache denn auch in die denkwürdige Feststellung:

Meine Damen und Herren, Exzellenz hat seinen Preis! [2]

Dual Career

Allerdings wusste man in den Führungsetagen der Max-Planck-Gesellschaft von Beginn an auch um die weibliche Seite Seiner Exzellenz, genauer gesagt: Man wusste, dass die Frau an seiner Seite gleichfalls ihren Preis hatte. „Auch die Biologin hatte lange einen Posten bei der MPG inne“, raunt der SPIEGEL womöglich Bedenkliches über die Präsidentengattin. Das ARD-Magazin „Report Mainz“, das gemeinsam mit dem SPIEGEL recherchiert hat, weiß es immerhin etwas genauer:

Während der Amtszeit des ehemaligen Präsidenten Peter Gruss bekam seine Ehefrau einen neu geschaffenen Referentenposten [3]

erfährt man hier. Die Max-Planck-Gesellschaft kontert den Vorwurf der familiären Selbstbedienung aus Steuergeldern mit einem elaborierten Vortrag über eine höchst lobenswerte Fürsorge für Menschen in der Wissenschaft:

Die Max-Planck-Gesellschaft bemüht sich, verstärkt Dual Career-Angebote zu schaffen. Die Lebensentwürfe sehen heute anders aus als in der Vergangenheit, oft haben Wissenschaftler/innen akademisch ausgebildete Partner/innen, die beruflich weiterhin tätig sein möchten. So haben in den vergangenen 12 Jahren 162 Wissenschaftliche Mitglieder ihre Tätigkeit in der Max-Planck-Gesellschaft aufgenommen; in 29 Fällen konnten dabei auch berufliche Optionen für deren Partner am Wohnort geschaffen werden. Das galt auch für die Ehefrau des damaligen Präsidenten, die bereits vor seiner Ernennung eine Stelle als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen innegehabt hatte. [1]

Das klingt plausibel. Und wir wissen ja, wie schwierig Karriereverläufe gerade für Wissenschaftlerinnen in der Postdoktoranden-Phase sind und was für ein bedrohlich enges Nadelöhr hier jede Art von Familienleben darstellen kann. Wir werden es also richtig finden, wenn die promovierte Biologin, die zuvor am MPI für biophysikalische Chemie in Göttingen forschen konnte, ihre wissenschaftliche Arbeit in angemessenem Umfeld am neuen, gemeinsamen Lebensmittelpunkt der Präsidentenfamilie in der bayerischen Landeshauptstadt fortsetzen kann.

Doch so ist es ja nicht gewesen. Die Biologin aus dem MPI für biophysikalische Chemie in Göttingen wechselte nun nicht etwa an ein auf verwandtem Gebiet tätiges Institut in München, um dort ihre Forschungsarbeiten fortzusetzen. Sie wurde vielmehr mit einem Referentenposten versorgt, für den man am Max-Planck-Institut für Psychiatrie bis dahin keinen Bedarf gesehen hatte. Es war ein Posten, der zweifellos den weiteren Bezug eines Gehalts bedeutete, etwas weniger selbstverständlich aber die Fortsetzung wissenschaftlicher Arbeit und einer wissenschaftlichen Laufbahn: Die promovierte Biologin wurde Referentin für Öffentlichkeitsarbeit.

Wie höchst notwendig das aus öffentlichen Geldern entlohnte Wirken der akademisch ausgebildeten Präsidentengattin für Öffentlichkeitsarbeit war, zeigte sich im Oktober 2004, als die Behandlung des Fußballspielers Sebastian Deisler im MPI für Psychiatrie für heftige Turbulenzen sorgte. Der Leiter des Instituts, Florian Holsboer, hatte vor der Meute der Journalisten nur eine kurze Erklärung abgeben sollen, mit der „die wachhabende Pressesprecherin“ dann auch „sehr zufrieden“ war. Danach sollte es keine Fragen geben. Doch dann geschah das Missgeschick: Dem Professor im feinen Nadelstreifenanzug entfuhr die unbedachte Äußerung, dass er Deisler, dessen Zustand er gerade beschrieben und beurteilt hatte, seit seiner erneuten Aufnahme noch gar nicht gesehen habe.

 „Wie können Sie dann wissen, dass er nur unter kleinen Symptomen leidet?“, wurde gerufen. Und Frau Meyer griff sofort ein. „Halten Sie sich bitte an die Vereinbarung!“ rief sie aufgeregt und versuchte, dem Institutsleiter den Rückweg durch den Korridor freizumachen. Über den entwischte Holsboer, zwei Kamerateams im Nacken, im Sauseschritt. „Eine Desinformationsveranstaltung ist das hier“, rief ein Journalist wütend, und Frau Meyer, die aufgelöste Pressesprecherin, rang nur noch nach Luft: „So geht das hier nicht!“ Im Tumult und mit der Flucht seines ranghöchsten Betreuers endete somit das vorerst letzte Kapitel in der endlosen Leidensgeschichte von Sebastian Deisler. [4]

So also haben wir uns das vorzustellen, wenn die Lebensentwürfe akademisch ausgebildeter Präsidentengattinnen heute anders aussehen.

Nicht verschwiegen sei, dass die promovierte Biologin auch in den Jahren der Öffentlichkeitsarbeit weiterhin wissenschaftlich tätig war und gelegentlich auch publizierte – stets in Gemeinschaft mit anderen Forschern, unter ihnen fast immer auch ihr Ehemann. Nur hatte all dies mit ihrem aus öffentlichen Geldern bezahlten Posten nichts zu tun.

Vom Eigentum und vom Besitz

So ein Referentinnengehalt ist freilich noch nicht mal die halbe Miete. Und im Blick auf die Zukunft ist dann auch dringend zum Erwerb von Eigentum zu raten, was übrigens entschieden mehr ist als bloßer Besitz. Allerdings ist bloßer Besitz auch nicht zu verachten. Ferner bietet sich als Alternative zum Erwerb der Empfang einer Schenkung an. Auch in dieser Hinsicht ist allerhand zu lernen, wenn wir uns im Hause Max Planck etwas gründlicher umsehen.

In München residierte das Ehepaar Gruss vornehm und weitgehend auf Kosten der Max-Planck-Gesellschaft, also finanziert aus öffentlichen Mitteln, in einer repräsentativen Villa. Doch auch in Göttingen war man ja kein Niemand. Wie der SPIEGEL und „Report Mainz“ berichtet haben, wurde Peter Gruss 2008 mit einem 700-Quadratmeter-Grundstück aus Göttinger MPG-Beständen bedacht. Diese Schenkung sei nicht nur ohne Wissen der Zuwendungsgeber, also der öffentlichen Hand, sondern auch an den zuständigen Gremien der MPG vorbei erfolgt:

Recherchen des SPIEGEL und des ARD-Magazins „Report Mainz“ zufolge waren in der Tat weder der Senat noch der Verwaltungsrat über den Vorgang informiert. Lediglich ein kleiner Personenkreis hatte damals die Schenkung […] abgesegnet. Zu den Entscheidern gehörte die ehemalige Generalsekretärin – also Gruss’ damalige Nachbarin in München.
DER SPIEGEL 33/2014, S. 120

Doch welchen Wert hatte diese Schenkung? Laut SPIEGEL ergibt sich aus der Akte des Grundbuchamts, die den Schenkungsvorgang dokumentiert:

Auch die Kosten für den Notar und die Steuern gingen zulasten der Forschungsgesellschaft. Gruss’ Gehalt wurde im besagten Jahr durch den Grundstücksdeal um knapp 200 000 Euro aufgebessert.
DER SPIEGEL 33/2014, S. 120

Auch „Report Mainz“ veranschlagt das Grundstück auf dem Göttinger Professorenhügel sowie Steuern und Gebühren „alles zusammen“ mit „knapp 200.000 Euro“. [3] Die Max-Planck-Gesellschaft will ihrerseits der „tendenziösen und einseitigen Berichterstattung“ entgegenhalten,

dass die Gesellschaft einen Bestand von Häusern und Wohnungen hält – sowohl im Eigentum als auch angemietet – und diese Mitarbeitern zur jeweils ortsüblichen Miete zur Verfügung stellt (davon nur ein geringer Anteil an Direktoren). Dieser Wohnungs- und Hausbestand erleichtert es der Max-Planck-Gesellschaft, insbesondere Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen auch aus dem Ausland anzuwerben, für die ansonsten der zum Teil schwierige Wohnungsmarkt in einigen deutschen Universitätsstädten bei der Umsiedlung insbesondere mit Familie eine große Hürde darstellen würde. Der Hausbestand steht auch einem neu ernannten Präsidenten zur Verfügung. [1]

Offenbar haben aber weder der SPIEGEL noch „Report Mainz“ verstanden, was da in Göttingen für Geschäfte abgeschlossen wurden. Woraus die Presseabteilung der Max-Planck-Gesellschaft dann mit gewisser Berechtigung geschlossen hat, diese Medien und die steuerzahlende Öffentlichkeit weiterhin für dumm verkaufen zu können.

Denn es handelt sich ja keineswegs darum, dass dem MPG-Präsidenten und Direktor der Abteilung für molekulare Zellbiologie am MPI für biophysikalische Chemie, Peter Gruss, aus MPG-Bestand ein Haus oder eine Wohnung zur jeweils ortsüblichen Miete zur Verfügung gestellt wurde. Und in Wahrheit geht dem eigentümlichen Göttinger Grundstückserwerb von 2008 bereits eine ebenso bemerkenswerte Inbesitznahme voraus. Von einer nur einmaligen Gehaltsaufbesserung um 200.000 Euro ist hier nicht zu reden. Auch das geht aus der Akte des Grundbuchamts Göttingen hervor. Zunächst heißt es da:

Der Veräusserer überträgt das Eigentum an dem Vertragsgegenstand mit allen Rechten und Pflichten, gesetzlichen Bestandteilen und sämtlichem Zubehör an den Erwerber.
Bei der Übertragung handelt es sich um einen lohnsteuerlichen Sachbezug, der ein Entgelt für erbrachte Leistungen darstellt.

Diese Übertragung, mit der dem MPG-Präsidenten eine geldwerte Leistungszulage gewährt wurde, war jedoch nur noch der letzte Akt einer bereits zuvor eingeleiteten Schenkung. Und an dieser Schenkung des „Veräusserers“ Max-Planck-Gesellschaft partizipierte neben dem MPG-Präsidenten und Direktor der Abteilung für molekulare Zellbiologie am MPI für biophysikalische Chemie, Peter Gruss, auch seine Ehefrau. Denn die Max-Planck-Gesellschaft war zum Zeitpunkt der Veräußerung nur noch Eigentümerin, aber schon nicht mehr Besitzerin des Grundstücks. Auch das geht aus der Akte hervor:

Als Erbbauberechtigter ist der Erwerber gemeinsam mit Frau Dr. Barbara Meyer bereits im Besitz des Grundstücks.

Vom Erbbaurecht und solchen Sachen ist in der Erklärung der MPG freilich auch nicht die Rede. Von dem geldwerten Vorteil, den diese Inbesitznahme für den Präsidentendirektor und seine Gattin bis zu diesem Zeitpunkt bereits bedeutet hatte, auch nicht. Und von dem Erlös, den die Eheleute durch den inzwischen erfolgten Verkauf des bebauten Grundstücks erzielen konnten, ohnehin nicht.

Trial Career

Das Prinzip der Dual-Career-Fürsorge ist selbstverständlich auch auf weitere Familienmitglieder auszuweiten. Am Heidelberger Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht begegnen wir um 2003, also nicht allzu lange nach Beginn der Ära des MPG-Präsidenten Peter Gruss, erstmals auch dessen Sohn. Daniel Gruss nahm damals gerade seine Doktorarbeit in Angriff, befand sich zu diesem Zeitpunkt also noch in der Phase der Trial Career. Als Doktorvater stand ihm der rühmlich bekannte Seevölkerrechts-Kurzgutachter Rüdiger Wolfrum, Direktor des Instituts, zur Seite. Umgeben war Gruss von weiteren 41 Doktoranden, die sich damals mit ihm der ungeteilten Aufmerksamkeit des Doktorvaters Wolfrum erfreuen durften. Und wir haben die Freude, sagen zu dürfen, dass diese Karriere eines Jungwissenschaftlers seither völlig ohne Error verlaufen ist. Als vorläufiger Zwischenstand ist zu melden, dass Gruss junior seit Anfang 2013 einen Posten in der Geschäftsführung der Max-Planck-Stiftung für internationalen Frieden und Rechtsstaatlichkeit bekleidet, bei der es sich um eine Anfang 2013 gegründete 100%ige Tochter der Max-Planck-Gesellschaft handelt. Der damalige MPG-Präsident Peter Gruss ist hier also gewissermaßen in der Rolle des treusorgenden Vaters eines Geschwisterpärchens zu sehen.

Die Max-Planck-Gesellschaft ist dem durch SPIEGEL und „Report Mainz“ nahegelegten Eindruck der unzulässigen Versorgung von Familienangehörigen mit unüberhörbarer Empörung entgegengetreten:

Es sei noch einmal darauf hingewiesen, dass es keine Vorschriften gibt, die die Beschäftigung von Ehepartner oder Familienangehörigen beim gleichen Arbeitgeber oder „in der gleichen Dienststelle“ untersagen. Die Max-Planck-Gesellschaft trägt dafür Sorge, dass Rechtsgeschäfte und Unterstellungsverhältnisse zwischen Angehörigen vermieden werden. Darüber hinaus werden diese Personen entsprechend ihrer Qualifikation beschäftigt und – um den Fall des Sohnes von Herrn Gruss aufzugreifen – sofern geboten, das Beschäftigungsverhältnis auch durch die entsprechenden Gremien der Max-Planck-Gesellschaft (hier Verwaltungsrat und Senat) geprüft und bestätigt. [1]

Wenn also beispielsweise in der Abteilung für molekulare Zellbiologie am Göttinger MPI für biophysikalische Chemie eine Doktorandin ihre Dissertation zur „Aktivitätsanalyse des Maus Cdx-1 Gens“ erstellt, sodann in dieser Abteilung eine Anstellung als wissenschaftliche Mitarbeiterin erhält und ihren Doktorvater, der zugleich der Direktor dieser Abteilung ist, heiratet, dann war ein solches Unterstellungsverhältnis eine Frage des Lebensentwurfs und also durch die Max-Planck-Gesellschaft nicht zu vermeiden. Wenn man dagegen unterstellen wollte, dass das Fortkommen des Sohnes in der Welt der Max-Planck-Gesellschaft nicht etwa allein durch seine Qualifikation befördert worden sei, sondern auch durch die 100%ige Vaterschaft des MPG-Präsidenten und die 100%ige Patronage eines MPI-Direktors, dann wäre eine solche Unterstellung von Verhältnissen keinesfalls hinzunehmen.

Die Qualifikation, die im Fall des Präsidentensohnes zu entsprechender Beschäftigung geführt hat, ist auf der Internet-Seite des Geschäftsführers der 100%igen Tochter zu besichtigen. Sie ergibt sich aus den wesentlichen Stationen des bisherigen beruflichen und akademischen Werdegangs und aus den wissenschaftlichen Veröffentlichungen. [5] Die Lage ist im Umfang überschaubar, in den Einzelheiten allerdings deutlich undurchsichtig.

Der beruflich-akademische Werdegang von Dr. Daniel Gruss ist rasch umrissen: 2009 bis 2010 war er am MPI für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht als wissenschaftlicher Referent und Teamleiter der Sudanprojekte tätig. Für Februar/März 2012 ist ein Wirken als „Entsendeter Rechtsexperte“ bei der „United Nations Joint Constitutional Unit for Somalia“ vermerkt, wobei hilfreich mitgeteilt wird, diese Unit sei „gegründet durch die UNDP und UNPOS“. Worin die Entsendung des Rechtsexperten begründet und durch wen sie erfolgt ist, bleibt dagegen unerwähnt. Von Januar 2011 bis Dezember 2012 erneute Tätigkeit als wissenschaftlicher Referent an besagtem MPI für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, nunmehr dort Leiter der Afrikaprojekte. Nächste und vorläufig letzte Station: Geschäftsführung der Max-Planck-Stiftung für internationalen Frieden und Rechtsstaatlichkeit, seit Januar 2013.

Zur besseren Orientierung: Guinea

Wer nun hofft, diesen Werdegang in den Voraussetzungen seiner einzelnen Stationen und seines jetzt erreichten Stands anhand der wissenschaftlichen Publikationsliste nachvollziehen zu können, muss sich enttäuscht am Kopf kratzen. Es sind genau vier Veröffentlichungen zu vermelden. Und sobald man ein wenig tiefer gräbt, tauchen nur noch mehr Fragen auf.

Da wäre zunächst die Doktorarbeit. Sie trägt den Titel „Patentrechtliche Abhängigkeit und funktionsgebundener Stoffschutz bei biotechnologischen Erfindungen“, die Internet-Seite nennt als Ort und Jahr der Veröffentlichung “Universität Hamburg, 2011”. Überraschend ist bereits, dass diese Arbeit nicht gerade in einem zentralen Arbeitsgebiet des MPI für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht angesiedelt ist, an dem Gruss 2009 erstmals eine Stelle als wissenschaftlicher Referent erhielt. Zwar werden das Europäische Patentübereinkommen EPÜ und die EU-Ebene des Patentrechts behandelt, aber die deutsche Perspektive wird doch nicht verlassen. Von einem Beitrag zum ausländischen öffentlichen Recht und Völkerrecht ist diese Dissertation eher entfernt. Und auch zum Sudan und überhaupt zu Afrika ergeben sich so gar keine Bezüge.

Allerdings hatte der junge Doktorand am MPI auch Zeit und Muße für die Abfassung eines Aufsatzes gefunden, der ganz anderes zum Gegenstand hatte: Bereits 2005 war im Max Planck Yearbook of United Nations Law (Herausgeber: Doktorvater Wolfrum und Armin von Bogdandy, gleichfalls Direktor des Heidelberger MPI) seine Abhandlung zur UNTEA-Mission im Konflikt der 1960er-Jahre um West-Neuguinea erschienen, das in dieser Zeit der Ablösung der niederländischen Kolonialmacht von Indonesien besetzt wurde. Inwieweit diese hauptsächlich an der vorhandenen Literatur orientierte und durch einen Dokumentenanhang erweiterte Darstellung ihren Autor etwa als Leiter von Sudan- und Afrikaprojekten empfehlen konnte, muss allerdings trotz der Namensähnlichkeit des südostasiatischen Untersuchungsgebietes mit dem westafrikanischen Guinea im Dunkel bleiben.

Unklar ist auch, welche formale Qualifikation Gruss 2009 für die Einstellung als wissenschaftlicher Referent an einem Max-Planck-Institut mitgebracht haben soll. Zweierlei ist hier anzumerken: Der Tätigkeitsbericht des MPI für 2008/2009 führt unter den Promotionsvorhaben bereits die „im Berichtszeitraum abgeschlossene und an der Universität Hamburg eingereichte Arbeit von Daniel Gruss“ auf, [6] während es im Vorwort der Doktorarbeit heißt, diese Arbeit sei im Wintersemester 2010/2011 an der Juristischen Fakultät der Universität Hamburg angenommen worden – also viel später und lange nach der erstmaligen Einstellung als wissenschaftlicher Referent in Heidelberg. Nicht weniger seltsam erscheint aber, dass der erwähnte Tätigkeitsbericht für die Jahre 2008 und 2009 weder den wissenschaftlichen Referenten Daniel Gruss zu kennen scheint, noch von seiner Funktion als Teamleiter der Sudanprojekte zu berichten weiß. Als Projektkoordinator erscheint vielmehr Matthias Reuss, während Gruss nur als einer von zahlreichen weiteren Mitarbeitern aufgeführt wird. Auch der Tätigkeitsbericht für 2010/2011 nennt Gruss erst ab 2011 als Projektkoordinator, also wohl zu einem Zeitpunkt, zu dem er tatsächlich promoviert war. [7]

Stoffschutz tut not

Was die wissenschaftliche Sudan- und Afrika-Expertise des Projektkoordinators Gruss angeht, so finden wir auch in den zwei verbliebenen Publikationen seiner Liste wenig Trost, trotz der zunächst verheißungsvollen Titel. Als Beleg für einschlägige Qualifikation konnten sie zum Zeitpunkt seiner Anstellung ohnehin kaum herhalten, denn sie waren damals noch nicht erschienen.

Englischsprachige Version der Internet-Seite,  Screenshot Anfang August 2014

„A New Constitution for South Sudan“ ist der Aufsatz betitelt, der 2012 im Yearbook of Islamic and Middle Eastern Law publiziert wurde, und um diesen Artikel gab es neulich schon einigen Ärger. Denn wie Stefan Heßbrüggen feststellte, hatte Gruss diesen Aufsatz nicht nur mit abweichendem Titel („The Transitional Constitution of the Republic of South Sudan“) aufgeführt, sondern auch seine Co-Autorin nicht genannt. [8] Anders als Geschäftsführer Gruss ist die Doktorandin Katharina Diehl allerdings unzweifelhaft als Sudan-Expertin ausgewiesen, ihre Dissertation (Doktorvater: Rüdiger Wolfrum) hat das Wahlrecht und die Wahlen im Südsudan zum Gegenstand. Wohl nicht aus diesem Grund, und auch nicht aus Gründen der alphabetischen Reihenfolge, erscheint die von Gruss übergangene Mitverfasserin Diehl im Yearbook erst an zweiter Stelle.

Immerhin hat Gruss die Unterlassung in diesem Fall inzwischen stillschweigend korrigiert. Er hat diesen Artikel nun „zusammen mit Katharina Diehl“ verfasst.

Und damit wären wir beim letzten der insgesamt vier Titel einer wissenschaftlichen Publikationsliste, aus der sich die entsprechende Qualifikation für die entsprechenden Beschäftigungsverhältnisse in einem Institut und sodann in einer 100%igen Tochter der vornehmsten Verkörperung deutscher Wissenschaft ergibt. Diese jüngste wissenschaftliche Veröffentlichung ist allerdings noch „im Erscheinen“ begriffen. Der vollständige Eintrag auf der Internet-Seite des Geschäftsführers lautet:

„Current Constitutional Development in South Sudan,“ Publication on Legal Transformation in North Africa and South Sudan (im Erscheinen) [5]

Stefan Heßbrüggen hat bereits angemerkt, dass sich ein solcher Aufsatz von Daniel Gruss nirgendwo sonst nachweisen lässt – er erscheint so einzig auf dieser Internet-Seite. Und ist im Übrigen ja auch noch gar nicht erschienen. Dennoch können wir nun sicher sagen, worum es sich hier handelt: Um einen weiteren Beleg dafür, wie bitter nötig der bereits in der Gruss’schen Doktorarbeit behandelte Stoffschutz ist.

Denn tatsächlich wurde in einem Bericht der Heidelberger „Arbeitsgruppe Globaler Wissenstransfer“ (Leitung: Rüdiger Wolfrum, Daniel Gruss, Tilmann J. Röder) dieser Aufsatz bereits 2012 als abgeschlossen und „im Erscheinen“ aufgeführt: Mit geringfügig abweichendem Titel – und als gemeinsame Veröffentlichung von Geschäftsführer Dr. Daniel Gruss und der Doktorandin Katharina Diehl. Stets in dieser Reihenfolge. Erscheinen soll diese Gemeinschaftsarbeit, die Gruss nach wie vor als seine alleinige Leistung aufführt, demnach in einem von Hatem Elliesie und Thilo Marauhn herausgegebenen Band Legal Transformation in Northern Africa and Southern Sudan. [9]

Dieser Hinweis führt uns dann schließlich zu der wissenschaftlichen Tagung, auf die dieser nach wie vor nicht erschienene Band im Kern zurückgeht. Sie fand am 4. und 5. November 2011 im MPI für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Heidelberg statt, unter dem Titel Legal Transformation in North Africa and Decentralization in Africa. Die Leitung lag bei dem Gießener Marauhn, der Berliner Elliesie fungierte als Chair der ersten Vortragsrunde.

Am Nachmittag des 4. November stand um 16:30 Uhr ein Vortrag über „Current Constitutional Developments in Southern Sudan“ auf dem Programm. Diesen Vortrag hielt die Doktorandin Katharina Diehl. [10]

Dr. Daniel Gruss hielt keinen Vortrag auf dieser Tagung. Das Programm dieser Tagung nennt den Afrika-Experten Dr. Daniel Gruss an keiner Stelle.

Vielleicht ist es ja wirklich hilfreich, sich im Hause Max Planck gründlich umzusehen, und vor allem in den oberen Etagen dieses Hauses, wenn man eine Veranstaltung wie die Thronfeierlichkeiten im Prinzregententheater und die dort beispielhaft waltenden Begriffe von Ehrbarkeit, von guten Sitten und von Würde in der deutschen Wissenschaft begreifen will.

11 Antworten zu “Hausbesuch bei Max Planck: Von Präsident Gruss und von sonstigen Grüssen

  1. Dr. Hans-Joachim Friedrich

    Wenn jemand der Wissenschaft geschadet hat, dann Annette Schavan. Durch das Plagiatsverfahren gegen sie wurde die Würde der deutschen Wissenschaft wieder hergestellt. Und doch: Dass überhaupt eine Betrügerin Wissenschaftsministerin werden konnte, ist und bleibt für Deutschland eine einzigartige Schande!

  2. Die Flankierung der heutigen Botschafterin beim Heiligen Stuhl durch Hans F. Zacher, den früheren Präsidenten der Max-Planck-Gesellschaft, ist überaus sinnvoll. Zacher ist Ehrenmitglied der Päpstlichen Akademie der Sozialwissenschaften, und zwar trotz seines Alters und des Anscheins der Gebrechlichkeit durchaus kein schlafendes. In der Sitzordnung dieser Weiheversammlung ist ebenso angestrengt zu lesen wie in den Gravuren der Eheringe in der ersten Sitzreihe.

  3. Chancengleichheit und Bestenauswahl

    Die Dissertation Daniel Gruss ist erschienen im Herbert Utz Verlag in einer Reihe „Rechtswissenschaftliche Forschung und Entwicklung“. Alleiniger Herausgeber der Reihe ist Michael Lehmann (MPI für Innovation und Wettbewerb in München). Bisher fast 800 Bände. Typische Dissertationsschleuder als Wirtschaftsmodell. Bei uns kann man sich’s aussuchen, ob man zu Shaker geht oder zu Utz.

    Die Verlagsankündigung der Dissertation Gruss liest sich so:

    „Chemische Stoffe können patentierbar sein. Nach deutscher Rechtsprechung gilt ein solcher Patentschutz »absolut«. Dies bedeutet, dass alle Anwendungsmöglichkeiten des Stoffs geschützt sind, das heißt auch solche, die der Anmelder weder offenbart noch erkannt hat.
    Wird eine neue Anwendungsmöglichkeit des patentierten Stoffs beschrieben, kann ein weiteres Patent erteilt werden. Der Patent-inhaber eines solchen Zweitpatents bedarf zur rechtmäßigen Nutzung seines Patents jedoch regelmäßig der Zustimmung des Inhabers des Erstpatents. Diese sogenannte »patentrechtliche Abhängigkeit« bereitet insbesondere bei Patenten Schwierigkeiten, die sich auf DNA-Abschnitte beziehen. DNA-Abschnitte haben in der Regel eine Doppelfunktion als chemischer Stoff und Informationsträger. Wie die neuere Forschung zeigt, können DNA-Abschnitte darüber hinaus multifunktional sein, das heißt derselbe DNA-Abschnitt kann für verschiedene Produkte kodieren.
    Durch eine direkte Übertragung des Prinzips des absoluten Stoffschutzes auf DNA-Abschnitte bestünde die Gefahr einer Innovationshemmung und einer Überbelohnung des Ersterfinders. Dieser könnte jeden von der Benutzung seiner Erfindung ausschließen, auch jene, die neue Anwendungsmöglichkeiten des patentierten DNA-Abschnitts beschreiben. Die Biotechnologierichtlinie der EU (98/44/EG) und das entsprechende deutsche Umsetzungsgesetz bemühen sich, den Besonderheiten von DNA-Abschnitten im Hinblick auf den Patentschutz Rechnung zu tragen. Ob und inwieweit dies gelingt, untersucht diese Arbeit.“

    Mit sowas hätte ich mich mal am Heidelberger MPI für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht bewerben sollen. Herr Wolfrum hätte mich doch sofort genommen und auch gleich zum Chef von Afrika gemacht. Mist, das habe ich verpasst. Aber bitte liebe MPG, sagt mir Bescheid, wenn Ihr demnächst wieder eine Stiftung gründet und einen Geschäftsführer braucht. Danke.

  4. Um das Bild zu komplettieren, sollte vielleicht hinzugefügt werden, dass der in der benannten Stiftung aktive Rüdiger Wolfrum von 2002 bis 2006 als Vizepräsident der MPG amtierte, gemeinsam mit dem seit 2002 tätigen MPG-Präsidenten Peter Gruss. Der Sohn des Präsidenten fand also beim ehemaligen Vizepräsidenten Möglichkeiten beruflicher Entfaltung, was die Max-Planck-Statuten natürlich nicht untersagen. Bei uns im Balkan ist das auch nicht verboten.

  5. Dr. med. Dr. phil. Harald Grausam, Facharzt für Unfallchirurgie und Orthopädie

    Um das Bild zu ergänzen wollen wir auch einen Blick in die Zukunft wagen.
    Denn der in der Geschäftsführung der Max-Planck-Stiftung für internationalen Frieden und Rechtsstaatlichkeit tätige Dr. Daniel Gruß steht, wenngleich in seiner Exzellenz durch wegweisende wissenschaftliche Arbeit bereits fachlich ausgewiesen, zumindest zeitlich gesehen erst am Anfang einer vielversprechenden Karriere.

    In 10 oder 20 Jahren wird Dr. Daniel Gruss, dann Prof. Dr. Daniel Gruss, Präsident der MPG auf Lebenszeit sein, bzw. Präsident bis zur Übergabe der Regentschaft an seinen Sohn Peter Paul-Linus oder seine Tochter Anna-Karenina Barbara.

    Es wird sich dann nicht nur das Göttinger Grundstück und die Münchner Villa im Eigentum der Familie Gruss befinden, sondern die gesamte MPG wird in Familienbesitz übergegangen sein.

    Zur Feier der Umbenennung der ehemaligen Max-Planck-Gesellschaft in Daniel-Gruss-Gesellschaft im Jahre 2025, wird die Theologin Annette Schavan, dann Ehrenmitglied der Daniel-Gruss-Gesellschaft, in Begleitung des Papstes die Laudatio unter dem Titel „Präsident und Gewissen“ halten.

    Wir freuen uns schon heute, dass die wissenschaftliche Leistung der Familie Gruss wenigstens zu diesem fernen Zeitpunkt durch Übereignung der ehemaligen MPG auch finanziell angemessen gewürdigt wurde, und nicht mehr hinter der Bezahlung des Intendanten eines öffentlich-rechtlichen Senders hinterherhinken muss.
    Aber der Mensch lebt bekanntlich nicht vom Brot allein. Wer wüsste das besser als die Christin Annette Schavan, und so wird es ihr eine besondere Genugtuung und aufrichtige Freude bereiten, die Daniel-Gruss-Gesellschaft sowie die Exzellenz ihres Präsidenten in ihrer Laudatio zu würdigen.

    Und während Annette Schavan ihr Glas auf den Präsidenten hebt, werden von draußen vor dem Fenster einige Studenten, Menschen vom Lande und wissenschaftliche Mitarbeiter auf halben Doktorandenstellen in den gleißenden Festsaal blicken.
    Sie schauen von Gesicht zu Gesicht und da sind kaum Unterschiede zwischen Wissenschaftlern sowie geladenen Gästen aus Politik, Showbiz und Kirchen auszumachen. Aber vielleicht ist dieser Eindruck auch nur den trüben Augen dieser einfachen Menschen geschuldet, die von soviel Exzellenz geblendet wurden.

  6. Dr. Daniel Gruss hat dieser Tage einige kleinere Änderungen auf seiner Internet-Seite vorgenommen (vorher / nachher):

    Der im Erscheinen begriffene Aufsatz „Current Constitutional Development in South Sudan“, dessen alleinige Autorschaft Gruss beansprucht hatte, der tatsächlich aber auf einem Vortrag von Katharina Diehl basiert, wurde aus der Publikationsliste gestrichen. Das ist insofern interessant, als ja auch die Möglichkeit bestanden hätte, eine zunächst vergessene „Co-Autorin“ Katharina Diehl nachträglich zu ergänzen. So hat Gruss ja bereits im Fall des Aufsatzes „A New Constitution for South Sudan“ reagiert, nachdem Stefan Heßbrüggen auf seine Mitautorin hingewiesen hatte. Abzuwarten bleibt, unter welchen Autorennamen der Artikel, der ja auch MPI-intern schon als gemeinsame Veröffentlichung von Daniel Gruss und Katharina Diehl angekündigt war, tätsächlich publiziert werden wird. Und in welcher Reihenfolge die Autoren ggf. genannt werden.

    Bei „A New Consitution for South Sudan“ wurde der Erscheinungsvermerk ergänzt: Band 16 (2012) des YIMEL, in dem dieser Artikel erschien, bezieht sich auf die Jahre 2010-2011 (und war damals schon in einer Online-Ausgabe zugänglich). Das ist deshalb interessant, weil die Frage der einschlägigen wissenschaftlichen Expertise zu diesem Zeitpunkt offenbar empfindlich ist: Anfang 2011 wurde Gruss am MPI erneut als wissenschaftlicher Referent angestellt und war nun „Leiter der Afrikaprojekte“. Nachdem West New Guinea nun doch nicht in Westafrika lag, soll dieser 21-Seiten-Beitrag (gemeinsam mit Katharina Diehl verfasst) offenbar diese Frage zur Zufriedenheit klären.

    Damit sind wir beim Werdegang, der ebenfalls überarbeitet worden ist. Dr. Gruss nennt nun für seine erste Anstellung am MPI konkrete Daten und abweichende Umstände: Er war von September 2009 bis Dezember 2010 wissenschaftlicher Referent. Allerdings will er nun in dieser Zeit nicht mehr Teamleiter der Sudanprojekte gewesen sein, sondern er nennt allgemein die „Arbeitsgruppe Globaler Wissenstransfer“ als den Ort seines Wirkens.

    Von Januar 2011 bis Dezember 2012 betätigte sich Gruss dann – wie bereits in der früheren Version dieser Vita – erneut als wissenschaftlicher Referent am MPI, und zwar als Leiter der Afrikaprojekte.

    Gruss war also von September 2009 bis Ende 2012 ohne Unterbrechung als wissenschaftlicher Referent am MPI angestellt. Juristische Staatsexamina – ansonsten Voraussetzung für eine Anstellung als wissenschaftlicher Referent an einem MPI dieser Ausrichtung – nennt Dr. Gruss in seinem Werdegang nicht. Die Annahme seiner Doktorarbeit wurde zwar im Arbeitsbericht des MPI für 2008/2009 bereits als Tatsache verkündet, ist tatsächlich jedoch erst im Wintersemester 2010/2011 erfolgt.

    • Mir fallen jetzt spontan zwei ehemalige BundesministerInnen ein, die einen berufsqualifizierenden Hochschulabschluss übersprungen haben, um sich gleich ihrer Dissertation zu widmen, die dann aber leider nach einigen Jahren oder Jahrzehnten sich als doch nicht so pralle, sondern als systematisch plagiiert herausstellte.
      Aber hier gilt ja – wie überall – die Regel: Ein Gruss ist gewiss kein Guttenberg, und auch keine Schavan.

    • Nachtrag: Dem erwähnten Arbeitsbericht des MPI für 2008/2009 zufolge führte Daniel Gruss damals bereits den akademischen Grad LL.M. (legum magister). Dieser „Master of Laws“ setzt in der Regel zumindest das erste juristische Staatsexamen voraus. In seinem akademischen Werdegang führt Dr. Gruss diesen akademischen Grad leider nicht auf, obwohl das eigentlich auch nach der Promotion durchaus üblich ist.

    • Inzwischen ist der Sammelband mit dem Aufsatz “Constitutional Development in South Sudan” erschienen. Als Autoren werden Katharina Diehl und Daniel Gruss genannt, immerhin erstmals in dieser Reihenfolge. Tatsächlich basiert er ja auf einem Vortrag von Katharina Diehl. Aus seinem Publikationsverzeichnis hatte Gruss ihn zuletzt ganz gestrichen, nachdem er zunächst die alleinige Urheberschaft beansprucht hatte.

      An der Max-Planck-Stiftung für internationalen Frieden und Rechtsstaatlichkeit hatte Daniel Gruss seit Anfang 2013 die Position eines Geschäftsführers. Wie wir uns erinnern, war das Beschäftigungsverhältnis des MPG-Präsidentensohnes Gruss an der Stiftungs-GmbH des stellvertretenden MPG-Präsidenten Wolfrum laut MPG-Presseerklärung „auch durch die entsprechenden Gremien der Max-Planck-Gesellschaft (hier Verwaltungsrat und Senat) geprüft und bestätigt“ worden. Jetzt ist Gruss dort ausgeschieden. Seit seinem Abgang hat die Stiftung (GmbH) offenbar auch gar keinen Bedarf mehr an einem dritten Geschäftsführer.

  7. Stefan Heßbrüggen

    Danke für die zusätzlichen Klärungen! Einige weitere Hinweise:

    Der LL. M. setzt nicht zwingend ein Staatsexamen voraus. Es gibt ihn bspw. auch hier: http://www.hamburger-fh.de/studiengaenge/studiengang/wirtschaftsrecht-online-master

    Daniel Gruss wurde bereits im Jahr 2003 am Heidelberger MPI als Doktorand geführt: http://www.mpil.de/de/pub/forschung/forschung_im_detail/publikationen/taet/tat03.cfm

    Rüdiger Wolfrum ist Honorarprofessor in Hamburg und hat die Arbeit anscheinend in dieser Funktion in Hamburg betreut. Entweder galt er nach §6 (2) der Promotionsordnung (http://www.jura.uni-hamburg.de/public/upload/promotionsordnung.pdf) als habilitiertes Mitglied der Fakultät oder es wurde nach §6 (4) ein begründeter Ausnahmefall angenommen.

    Wer mit Staatsexamen in Heidelberg promovieren will, benötigt die Note „vollbefriedigend“, ausreichende Lateinkenntnisse und muss zwei Semester Rechtswissenschaft in Heidelberg studiert haben. Ausnahmen werden nur in begründeten Ausnahmefällen zugelassen, die u. a. die Vorlage von „Seminarzeugnissen“ zur Bedingung machen. Wer über einen „rechtskundlichen Fachhochschulabschluss“ verfügt, darf in Heidelberg nach Absolvierung eines Eignungsfeststellungsverfahrens dann promovieren, wenn er oder sie zu den besten 10 Prozent der Prüfungsteilnehmer zählte. (Quelle: http://www.jura.uni-heidelberg.de/md/jura/fakultaet/promotionsordnungjuni2012.pdf)

    In Hamburg reichen ein Staatsexamen, ein forschungsorientierter rechtswissenschaftlier Master mit 300 CP, ein Magister oder ein Diplom.
    (Quelle: http://www.jura.uni-hamburg.de/public/upload/promotionsordnung.pdf)

    Nachdem Herr Dr. Gruss sein Veröffentlichungsverzeichnis auf den letzten Stand gebracht hat, ringt er sich ja vielleicht auch noch dazu durch, seinen akademischen Werdegang ähnlich detailliert wie sein Geschäftsführerkollege darzustellen: http://www.mpfpr.de/de/die-stiftung/personen/geschaeftsfuehrung/dr-tilmann-j-roeder/

  8. heute bringt die print-faz einen grossen artikel von sven grünewald über den umgang der mpg mit dem wissenschaftlichen nachwuchs. muss man gelesen haben! da herrschen feudale zustände. doktoranden sind leibeigene. wenn ihre forschung der vermarktung durch die firma des direktors in die quere kommt, dürfen sie ihre ergebnisse nicht veröffentlichen, können deshalb ihren dr. nicht machen und müssen gehen. da hat der biologische nachwuchs des präsidenten aber grosses glück.

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