Botschaft einer Preisverleihung

Annette Schavan 2015In den internationalen Beziehungen der deutschen Wissenschaft spielt Italien seit jeher eine besondere Rolle. Kaum irgendwo sonst im Ausland ist das Netz deutscher wissenschaftlicher Einrichtungen so dicht geknüpft. Auch der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD), dessen Programme überwiegend aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung finanziert werden, ist hier besonders engagiert. Das Amt der Ministerin übernahm im Jahre 2005 Annette Schavan. Seit 2014 residiert sie bekanntlich in der Ewigen Stadt. Der unbegrenzten Haltbarkeit ihres Anspruchs, weiterhin für die Wissenschaft zuständig zu sein, kommt diese neue Adresse offenbar sehr zugute.

Kleine Preisverleihungskunde

Zur Förderung der wissenschaftlichen Beschäftigung mit deutschen Dingen an Italiens Hochschulen und Forschungseinrichtungen vergibt der DAAD seit 2002 alljährlich den Ladislao-Mittner-Preis. Mit ihm werden jüngere italienische Wissenschaftler ausgezeichnet, die sich auf dem Gebiet der Deutschlandstudien hervorgetan und sich um die Kooperation und die kulturelle Verständigung zwischen Italien und Deutschland verdient gemacht haben. Sie dürfen sich über eine Geldzuwendung in Höhe von 5.000 Euro und ein Stipendium für einen Forschungsaufenthalt in Deutschland freuen. Und über die besondere Ehrung, die sie durch eine Preisverleihung in besonders würdigem Rahmen erfahren.

So bot etwa 2003 die Eröffnung des Deutsch-Italienischen Hochschulzentrums in Trient die festliche Gelegenheit für die Preisverleihung. Anwesend: Vertreter der Außen- und Bildungsministerien Italiens und Deutschlands und der deutschen Kultusministerkonferenz sowie weitere hochrangige Repräsentanten von Politik und Wissenschaft aus beiden Ländern. Auch in den folgenden Jahren entsprachen Ort und äußerer Rahmen ebenso wie die Liste der Mitwirkenden stets dem Rang und der Funktion des Preises im Kontext der deutsch-italienischen Wissenschaftslandschaft. Im Mai 2007 übergab erstmals Annette Schavan höchstselbst den Ladislao-Mittner-Preis: Als Bundesministerin für Bildung und Forschung sowie amtierende Präsidentin des Europäischen Rates, gemeinsam mit dem Hochschul- und Forschungsminister der Republik Italien, Fabio Mussi. Die Residenz des deutschen Botschafters in Rom war die angemessene Bühne für einen solchen Staatsakt zum 50-jährigen Jubiläum der Römischen Verträge.

„Wir sind auf dem richtigen Weg – gehen wir ihn weiter“, lautete damals das Schlusswort der Ministerin. [1] Und so ging man zur Preisverleihung in den folgenden Jahren weiter – mal in die Villa Vigoni, das „deutsch-italienische Zentrum für europäische Exzellenz“ in unbestreitbar exzellenter Lage am Comer See, mal in die Bibliotheca Hertziana mit ihrem soeben erst eröffneten phänomenalen Neubau, mal in den prächtigen Palazzo Serra di Cassano in Neapel. Stets gaben hochgestellte Persönlichkeiten aus Politik und Wissenschaft beider Länder den Preisträgern die besondere Ehre.

premio mittner schavan 2011

Preisverleihung im Auditorium des italienischen Nationalen Forschungsrates CNR (2011)

Im Oktober 2011 war es einmal mehr die Bundesministerin Schavan persönlich, die den von ihrem Haus finanzierten Preis übergab. Es war das 25-jährige Bestehen des binationalen Trägervereins der Villa Vigoni zu feiern, und so wirkten in den Räumen des Consiglio Nazionale delle Ricerche neben Schavan auch CNR-Präsident Francesco Profumo und der italienische Außenminister Franco Frattini an der Ehrung mit. Schavan gab Weisheiten preis wie die, „dass flüchtige Beschäftigung nicht zu vertiefter Kenntnis führt“, und:

Wissenschaft hat die Kraft zur Unbestechlichkeit, was sie für uns so wertvoll macht. Das sage ich ganz besonders im Hinblick auf die Sozial- und Geisteswissenschaften. [2]

Im Dezember des schrecklichen Jahres 2012 konnte von solcher Wertschätzung wissenschaftlicher Kraft zur Unbestechlichkeit allerdings keine Rede mehr sein. Die Verleihung des Ladislao-Mittner-Preises musste diesmal ohne die Ministerin stattfinden, doch wohnten der Zeremonie immerhin der deutsche Botschafter in Italien und der stellvertretende DAAD-Generalsekretär bei.

La lotta continua

Ob nun in der Villa Vigoni oder in der Bibliotheca Hertziana, ob zum krönenden Abschluss der Deutsch-Italienischen Hochschultage oder zur Erinnerung an die Römischen Verträge, ob im Beisein von hochrangigen Vertretern der Wissenschaft oder der Politik und Diplomatie Deutschlands und Italiens, stets war die Botschaft dieselbe: Dem Ladislao-Mittner-Preis kommt in der Pflege der Wissenschaftsbeziehungen zwischen beiden Ländern eine besondere Bedeutung zu, und die gewählten Schauplätze, die besonderen Gelegenheiten sowie Rang und Namen der Mitwirkenden der Preisverleihung spiegeln dies regelmäßig wider.

Wenn in diesen Tagen in Rom erneut der Ladislao-Mittner-Preis übergeben wird, dürfen wir also davon ausgehen, dass auch diesmal besondere Sorgfalt auf die Wahl der Lokalität und der mitwirkenden Persönlichkeiten verwendet wurde. Und auch in diesem Jahr ist die Botschaft, die das Ergebnis solch sorgfältiger Planung vermitteln soll, unmissverständlich. Nur ist es eine andere Botschaft als in den Jahren zuvor.

Schauplatz der weihevollen Stunde ist am 18. September nämlich die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland beim Heiligen Stuhl, und neben der Präsidentin des DAAD, Margret Wintermantel, spricht Annette Schavan. [3] Von einer Umwidmung des Ladislao-Mittner-Preises, der ab sofort nicht mehr der Förderung italienischer, sondern vatikanischer Wissenschaft aus deutschen Steuermitteln gelten sollte, ist freilich nichts bekannt. Wenn sich die DAAD-Präsidentin in der Residenz der Botschafterin neben die frühere Wissenschaftsministerin stellt und dort gemeinsam mit ihr im Namen deutscher Wissenschaft einen nicht ganz unwichtigen Preis überreicht, dann läuft dies allerdings auf eine Umwidmung hinaus:

Die Preisverleihung wird umgewidmet in eine Demonstration der Verweigerung. Denn nicht nur Annette Schavan selbst, sondern auch die Spitzenfunktionäre der Wissenschaftsorganisationen haben die Aberkennung des Schavanschen Doktorgrades ja niemals anerkannt, dem Verfahren der Düsseldorfer Fakultät jede Richtigkeit und dem Urteil des Gerichts jede Bedeutung abgesprochen, den erzwungenen Rücktritt vom Ministeramt nicht akzeptiert und sind von dieser Haltung bis heute niemals abgerückt. Nach den Präsidenten Jürgen Mlynek, Peter Strohschneider, Helmut Schwarz, Peter Gruss, Wolfgang Marquardt reiht sich nun auch die DAAD-Präsidentin Margret Wintermantel demonstrativ in diese Riege ein. Die zunächst von schavanplag, dann von ihrer Universität und schließlich auch durch das Gericht überführte Plagiatorin darf einmal mehr die eigentliche Wissenschaftsministerin geben.

Die beiden diesjährigen Preisträger werden es über sich ergehen lassen. Verdient haben sie es nicht.

4 Antworten zu “Botschaft einer Preisverleihung

  1. Dr. Hans-Joachim Friedrich

    Wie unbestechlich die Wissenschaft ist, das hat die Uni Lübeck bewiesen, als sie Schavan für ihre finanzielle Unterstützung der medizinischen Fakultät die Ehrendoktorwürde verlieh.

  2. Sebastian Wichmann

    Das Demonstrative an dem Vorgang wird noch deutlicher wenn man weiß, dass die Preisverleihung in der Schavan-Botschaft den Auftakt für ein Großes Alumni-Seminar des DAAD darstellt. Daran werden 130 Juristinnen und Juristen aus Italien und Deutschland teilnehmen. Für die Preisverleihung sind zahlreiche illustre Personen aus dem öffentlichen Leben angekündigt. Das letzte große Alumni-Treffen des DAAD hat es in Italien meines Wissens nach übrigens 2009 gegeben.

  3. Annette Schavan hält Hof – Lakaien- und Hofschranzen-Treffen in Rom

    Hupe Weißkräckers luzider Beitrag wirft ein grelles, aber sehr erhellendes Licht auf die umtriebigen Aktivitäten, die das Glamour Girl des ‚Politischen Katholizismus‘ (siehe: Foto ganz oben) jetzt auch auf dem Feld der deutsch-italienischen Wissenschaftsbeziehungen entfalten darf.

    Tilmann Kleinjung (BR) vom ARD-Hörfunkstudio in Rom brachte das in seinem Beitrag vom 5. April 2015 unter der Überschrift „Projekt Ehrenrettung: Annette Schavan, Botschafterin im Vatikan und in eigener Sache“ treffend und schon weitsichtig auf den Punkt:

    „Nach dem Skandal um ihre Doktorarbeit ist die Diplomatenkarriere in Rom für Annette Schavan nicht nur ein Traumjob, es ist auch der Versuch einer akademischen Ehrenrettung.“

    Man darf gespannt darauf sein, ob das ‚Oberbayerische Volksblatt‘ auch diesmal wieder seinen „Star-Reporter“, einen intimen Kenner des Vatikans und Träger mehrerer gekaufter Ehrendoktortitel, ausrücken lässt, um dem katholischen Kirchenvolk in Oberbayern exklusiv tiefe Einblicke in die Welt der Stars und Sternchen deutsch-italienischer Wissenschaftsbeziehungen zu vermitteln.

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