Schavan im Internet: Präsenz mit Gewissen-Extras

Das Leben der Annette Schavan befindet sich gerade in einer Umbauphase. Auch im Internet sind Umzug und Umbau in vollem Gang. Auf den Seiten der deutschen Botschaft beim Heiligen Stuhl prangen bereits Porträtbild und Vita Ihrer neuen Exzellenz, unter Einschluss der biographischen Angabe:

1980 Promotion zum Dr. phil. (gültig bis 2014) [1]

Was sich aber auf den Seiten der bisherigen Bundestagsabgeordneten tut, ist doch ein wenig erstaunlich. Bisher wurde man da folgendermaßen begrüßt:

Homepage Annette Schavan, Februar 2014

Doch nun sieht’s auf der Eingangsseite so aus:

Homepage Annette Schavan, 11. Juli 2014

Annette Schavan kommt uns da jetzt ganz groß und irgendwie doch schon etwas vital frühherbstlich entgegen. Von Ulm, das doch auf immer ihre Heimat bleiben sollte, keine Spur mehr im Bild. Berlin ist auch entfallen. Dafür gibt es im Navigationsmenu einen neuen Punkt: „Gewissen“.

Wenn man bei Annette Schavan auf’s Gewissen klickt, ergibt sich zweierlei: Verknüpft ist dieses Gewissen mit „Meine Wahlkampftermine“. Und wenn man wissen will, was dahintersteckt, tut sich gar nichts.

Wahrscheinlich kommt da aber jetzt noch ganz viel nach.

– – –
Nachtrag 30. Juli 2014:
Nachdem die seltsame Angabe einer Promotion mit Verfallsdatum schließlich auch die Aufmerksamkeit der ordentlichen Medien erregt hat, wurde sie gestern bzw. heute auf den Botschafts-Seiten und der privaten Homepage „verbessert“. Es heißt da nun:

„1980: Promotion zum Dr. phil. (aberkannt 2014)“

Ob das nun richtiger und juristisch einwandfrei ist? Es hat jedenfalls den besonderen Charme, dass die Peinlichkeit des Vorgangs im Bewusstsein bleibt.

Bei Gelegenheit dieser Änderung wurde von der privaten Homepage auch das „Gewissen“ getilgt. Es wurde allerdings nicht ersatzlos gestrichen. An seiner Stelle findet sich jetzt der Menupunkt „News“. Dahinter verbirgt sich allerdings dasselbe wie zuvor: Nämlich nichts.

6 Antworten zu “Schavan im Internet: Präsenz mit Gewissen-Extras

  1. Creativ ist sie ja, die gewissenhafte Dame. Dem von ihr mit verursachten Verfall des Wertes einer Promotion trägt sie mit einem Titel-Verfallsdatum Rechnung. Soviel Gewissen muss sein.

    Auch das neue Bild setzt sie korrekt in Szene: War zuvor das Umfeld klar und präzise erkennbar, wenn auch arg schwarz und unsere Annette sinnigerweise nur von rechts angestrahlt, so ist das Umfeld ab sofort völlig unklar. So bleiben aber viele Optionen: Granufink, Treppenlifta, ebenso wie die Apothekenschau. Wer will diesem altersweisen Charaktergesicht und seinem ausdrücklichen Gewissen hier widerstehen? Kann dieses gütige Lächeln lügen? Das muss genügen.

    Die gute Nachricht: Das Leben ist nicht vorbei, bloß weil man als Senior überhaupt keinen Berufsabschluss hat. Außerdem ist beim ZDF noch ein Platz bei Deutschlands Besten und Gewissenhaftesten frei…

  2. Dr. Hans-Joachim Friedrich

    Nach eigenen Worten soll die Promotion von Frau Schavan bis 2014 gültig gewesen sein. Wieso das denn? Etwa deshalb, weil erst in diesem Jahr einwandfrei nachgewiesen wurde, dass es sich bei ihrer Dissertation um ein Plagiat handelt? Ein Dieb wird doch nicht erst dadurch zum Dieb, dass man ihm seinen (geistigen) Diebstahl nachweist? Die Promotion war von Anfang an ergaunert!

    • Die etwas eigenwillige Angabe des Verfallsdatums bezieht sich wohl auf den Zeitpunkt, an dem die Aberkennung rechtsgültig wurde. Da Schavan auf den Antrag auf Zulassung einer Berufungsklage gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf verzichtet hatte, trat dies einen Monat nach Zustellung des Urteils (wohl Anfang Mai 2014) ein.

      Der tiefere Sinn dieser Angabe ist aber wohl die Aufrechterhaltung des Anspruchs, einen gültigen Doktorgrad erworben und zu Recht geführt zu haben. Das verträgt sich allerdings nicht gerade gut mit der verwaltungsrechtlichen Einordnung des Vorgangs als Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes.

  3. Zunächst dachten wir ja, dass die Website gehackt worden ist. Das ist aber offenbar nicht der Fall. Vielmehr ist das „Gewissen“ als neuer Menupunkt offenbar im Zuge eines halbherzig betriebenen Umbaus der Website eingesetzt worden. Jetzt kann man darüber spekulieren, ob es sich um den losen Scherz eines Praktikanten der Werbeagentur handelt, oder ob die Auftraggeberin Annette Schavan wirklich im Internet ihr Gewissen offenbaren will.

  4. Ich denke, dass wir nicht erst einen Praktikanten in der Werbeagentur als Erklärung bemühen müssen. Von Juristen wird mir immer wieder versichert, dass das wirkliche Leben derart absurd ist, dass Juristen in ihren Fällen eher zum Wegnehmen (ähm, ja, wie wahr) denn zum Hinzudichten neigen. Gehen wir also einfach von der natürlichsten Erklärung aus: die Auftraggeberin will es so. Es passt doch hervorragend in ihr auch sonst leicht ungewöhnliches Weltbild, Stichwort: Kopie und Gewissen.

  5. Sabine von Habersdorff

    Was kratzt es den Eber, wenn sich unsere ehemalige Bundes“bildungs“minsterin an ihrer Dissertation reibt? Sie hat sie ja geschrieben – oder besser;: abgeschrieben. Das sind dann die angeblichen Wissenschaftseliten, von denen im Cusanuswerk unter ihrer Führung so oft die Rede war. Nun ja, wie auch immer. Anderen die Vorzüge des Wassertrikens predigen, aber selber Wein trinken. Manche sind eben doch etwas gleicher als gleich und bekommen dafür als „Lohn“ auch noch einen Botschafterposten beim Vatikan! Hallelujah!

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